Der drittanstrengendste Beruf der Welt
Leipzig, 8. Juni 2007, 02:03 | von PacoAustin brachte mir gestern die letzten zwei Wochen der S-Zeitung. Heute fünf Stunden darin gelesen, zum Beispiel das hier:
Diese Überschrift zieht zwangsweise eine Erwähnung von Javier Marias‘ Dolmetscher-Roman »Mein Herz so weiß« nach sich, und nach zweimaligem Umblättern wurde ich auch fündig, Seite 24, fast am Ende. Leider hat Andreas Bernard den Roman nicht gelesen. Oder es ist schon zu lange her.
Denn er schreibt, dass Marias‘ Übersetzer Juan »weiß, dass es zumeist keine Kontrollinstanz gibt, die die Wahrhaftigkeit seiner Arbeit bezeugen könnte: Niemand außer dem Dolmetscher selbst kann beurteilen, ob die übersetzten Worte den geäußerten tatsächlich entsprechen.« Der Witz an dem Roman ist aber, dass die Co-Dolmetscherin sehr wohl versteht, was da abgeht, und erst aus dieser Situation heraus entwickelt der Roman seine beiden zentralen Figuren.
Ok, dieser Errata-Nachtrag würde im BILDblog zu Recht unter der Stickler-Rubrik »Kurz korrigiert«, bei der spiegelkritik.de unter »Korinthe« abgehakt (usw.), und darum geht es natürlich auch mal gar nicht. Der Artikel von Andreas Bernard ist nämlich grandios: Ein Hammerthema, auch der Anlass ist plausibel (G8-Treffen), und Klaus Kinkel scheint zwar der einzige befragte Politiker zu sein, aber dafür fällt mehrmals der Begriff ›Relais-Sprache‹, und es gibt mehrere Hammersätze in dem Artikel.
Etwa den hier, der auch gleich gerahmt wurde: »Dolmetscher arbeiten unter Bedingungen, die diesen Beruf zum drittanstrengendsten der Welt machen – nach Astronaut und Pilot für Hochgeschwindigkeitsflugzeuge.« Wer sowas auch nur überfliegt, will sofort weiterlesen. Ansonsten interessiert sich Bernard sehr für die Psychologie der Dolmetscher, die ja mit ihrem Tun danach streben, hinter den von Ihnen gedolmetschten Würdenträgern zu verschwinden.