Der Stunt der Dinge …

Konstanz, 15. Juli 2007, 14:05 | von Marcuccio

… vom letzten Sonntag verhält sich aus meiner Sicht (und die sei, bevor wir hier wieder alle zu unseren neuen FASsen ausschwärmen, auch noch gesagt) so: Für mich war die eigentliche Überraschung nicht der Schirrmacher-Coup – obwohl ich für den im Fall der Fälle durchaus voten würde. (Denn dass Stauffenberg bei Stefan George auch nix anderes war als Tom Cruise bei Scientology ist, produzierte doch immerhin einen der ersten echten Überraschungsmomente im fortgeschrittenen Feuilletonjahr 2007, und so was gehört schon mal an sich belohnt.)

Neeiiiiiiiin, die Überraschung, die ich meine, kam erst eine Feuilletonseite später, und war schon mehr böse Entdeckung als Überraschung: Ich entdeckte nämlich, dass das Mädchen, das die Seiten umblätterte, fehlte! Also jetzt nicht die Umblätterin, sondern das Alpha-Mädel, das auf dieser Seite mit den 12 mal 8 Vernügungsempfehlungen für den Sommer schon aus alphabetischen Gründen ganz oben hätte stehen müssen.

Das kann doch nicht sein, dachte ich mir, dass Johanna Adorján hier nicht mit von der Partie ist und sich stattdessen im Sommerloch auf Seite 30 wiederfindet!

Redaktionsinternes Mobbing schließe ich mal ganz klar aus. Boykott ihrerseits auch. Klar, nicht jeder wird diese FAS-Listenseite zu seinen Lieblingsseiten zählen, zumal sie in ihrer Miniatur-Optik wie ein verhindertes Zweitausendeins-Merkheft daherkommt. Ich aber halte das Format für die größte Revolution im gesamten Print-Feuilleton der letzten 10 Jahre, und glaube, dass die Produkt-Palettierung, die ihrerseits schon immer lesbar war, jetzt endgültig vor dem großen Durchbruch steht: Denn aufgestockt durch sympathisch elliptische Kurzkommentare wird der Sommer unseres Vergnügens zur eigentlichen Vergnügungsseite mit

den ehrlichsten Charts im deutschen Feuilleton …

Denn jeder Redakteur schreibt offensichtlich frei von USP-Vorgaben in die Tabelle, und so bleiben Dopplungen, Häufungen, Chartbreaker bewusst erhalten. Gleich drei mal geratet ist so zum Beispiel Truman Capotes Kaltblütig als Hörbuch, gelesen von Christian Kracht, ebenso The Departed als DVD für einen Regentag.

… etwas Brat-Pack-Promotion …

Maxim-dem-seine-Kurzgeschichten-waren-auch-schon-mal-besser-Biller empfiehlt Lina und die anderen von Rada Biller: »Der zweite Roman meiner Mutter. Sie ist zwar ein bisschen jünger als Walser, aber sie schreibt mindestens doppelt so ehrlich und gut wie er.«

… und den üblichen, regelmäßigen FAS-Lesern natürlich
wohlfeil bekannten feinen Unterschieden:

Nils Minkmar ist wie immer latenter Terrorismusexperte; Volker-manchmal-Illustriertenton-Weidermann formuliert auch hier wieder sein gewohnt »Intensiv und klug und wahr«, und Anne Zielke, die Wortporträtistin, befürwortet »Formvollstreckungsgedichte« für den Strand. Peter Richter aber lobt mit der »Luftpostbordüre« der schönsten Franzosen aus New York den edelsten Kunstkatalogskaufgrund seit langem aus.

Naja, von den übrigen Intertextualitätern (haha) und Leerstellen der Tabelle ganz zu schweigen. Zukünftige Diplomarbeiten, ach was, Dissertationen über das FAS-Feuilleton werden diese Seite einmal sehr genau studieren müssen. Vor allem aber werden sie erklären müssen, wo auf der Vergnügungsseite vom 8. Juli 2007 die A-wie-Adorján-Zeile abgeblieben ist. Kurz vor dem Gang zum Strandbad mit FAS-Kiosk bin ich jedenfalls noch fest davon überzeugt, dass heute alles nachgereicht wird.

6 Reaktionen zu “Der Stunt der Dinge …”

  1. czz

    Nüscht gegen den Kracht sagen. sag ich mal als vom Fach. Und TROTZ FASERLAND. Den Capote murmelt der Mann wirklich gut runter. Muss ein Spass gewesen sein, diese Mikrowelle zu mikrophonieren. Aber selbst bei Tiffany ist CK derart maulfaul, dass man die Audrey glatt vergisst. Wenn das keine …. Leistung ist? – – – Ausserdem kann man sich nach – remember ??? – Bennett Millers zähem Philip Seymour Hoffman- Posier- „Portrait“ um Stoff, Autor und Buch nur mehr verdient machen.

  2. Paco

    Wir sind auch alle vom Fach, und daher ist auch für uns die Kracht-Antike unsere Moderne. »Kracht als Vorleser« ist auch auf jeden Fall ein eigenes Großkapitel in seiner Auto- oder Nichtautobiografie wert.

    Und czz, geht eigentlich ein twisted-pair-Kabel mit auf die Reise? Oder ist für die nächsten Wochen offline Trumpf? (hoffentlich nämlich nicht :-)

  3. Marcuccio

    Oh Paco, das mit Kracht hast du schön formuliert. Und überhaupt, ein ***Kracht im FAS-Sommerkatalog ist natürlich nichts anders als Credibility allererster Güte.

  4. czz

    Paco, altes Fach, sei freundlich und mach‘ bitte nette nasenlöcher: dann werden wir uns in chicago sofort das dort reservierte N800 abholen und schauen, was das kann. so sachlich, so fachlich und hélas: ohne FAS. und ausserdem: was wäre das für ein leben, auf staubigen landstrassen, lost ins translation, so ganz ohne den ubl. ???

  5. czz

    setzersmann, der alles kann, deleten Sie please ein s. glückauf den fehlsichtigen legasthenikern dieser welt, die – nach A. Adler – publizistisch überkompensieren.

  6. admin

    Liebe czz, I have done the deed.

    Bon voyage & bis sozusagen gleich!

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