Die National Gallery und die Freunde der Wunst
London, 13. August 2007, 19:34 | von DiqueWie wir alle wissen, wird der »Evening Standard« am Freitag gelesen. Dann stehen die Chancen gut, fuer schlaffe 50p einen ausgiebigen Erguss vom oft angenehm biestigen Brian Sewell vorzufinden. Und letzten Freitag wurde ausgeteilt.
Die National Gallery laedt seit kurzem zeitgenoessische Kuenstler dazu ein, sich von den Alten Meistern der Sammlung inspirieren zu lassen und das Aggregat dessen dort auszustellen. Was dabei herauskommt, bringt Sewell auf den Punkt:
»we have had to endure dreadful stuff from Auerbach, Kossoff, Freud and Peter Blake, and now the currently favoured artist, Yinka Shonibare, has dipped below even their dismal standards with one installation in the splendid Barry Rooms and another, its explanation, in Room One.«
In der National Gallery haengen Holbeins »Ambassadors«, Caravaggios »Supper at Emmaus«, da Vincis »Madonna of the Rocks«, Bronzinos »Allegory with Venus and Cupid«, Rubens‘ (wie immer gut gemaltes!) »Massacre of the Innocent« etc. etc. etc. Und irgendjemand dachte sich wohl, was machen wir hier mit diesen alten Bildern, die koennen wir doch nicht so sinnlos an der Wand haengen lassen, die brauchen ein bisschen mehr Pepp, und herausgekommen ist die selten dufte Idee zur Ausstellung »Scratch the Surface«.
Normalerweise kann ich irgendwelche New Kunst on the Block meiden, wenn ich sie fuer zweifelhaft halte, so wie ich Mohnkuchen mit Rosinen meide. Nun aber soll eine Altmeistersammlung nicht mehr als Fixpunkt der Kunstgeschichte dienen, sondern wird mit einer gewollt kunstigen Zusatzveranstaltung bestueckt. Schon Karl Valentin sagte, dass Kunst von koennen kommt und nicht von wollen, denn sonst wuerde es ja Wunst heissen. Und Sewell uebernimmt den Rest:
»The National Gallery once set standards of connoisseurship, scholarship and presentation; it has now abandoned them. The National Gallery was once elite, but the retiring director would rather run a mile than take pleasure in that word; elite, however, is precisely what it should be, superior, illustrious, pre-eminent.«
Am 14. August 2007 um 13:39 Uhr
Passend dazu zitiert Matthias Matussek heute Enzensberger, den »Goethe der Gegenwart« (hehe), ›Wort‹ bitte mit ›Bild‹ ersetzen:
Source: Matussek in Bayreuth