Der Matussek hinter dem Matussek
Konstanz, 8. September 2007, 10:36 | von MarcuccioErst mal finde ich: Wo die »Spiegel«-Woche sich dem Ende zuneigt, sollten wir hier noch ein Zeichen setzen und die von der Bio-Welle überschwemmte, eigentliche Titelstory (»Romantik ist der erste Pop«) nominieren!
Und dann, Paco, Feuilletonator: Deine Sympathiemomente für Matti Matussek teile ich absolut! Er wird ja in Medienkreisen gern zur Hassfigur stilisiert, ich glaube auch Gehrs hat ihn als geistigen Urheber von Rebecca Casatis Second-Life-Story schon mal weggewischt – so nach dem Motto: Der steht sowieso für alles Seichte beim »Spiegel«.
Und genau das stimmt so nicht: Wie er Safranskis Romantik-Studie für den gemeinen »Spiegel«-Leser mit den Koordinaten des Pop nacherzählt (die Leutragasse von Jena als historischer Vorläufer der Kommune 1, Novalis als schwarzer Prinz des Pop usw.), das hat alles Hand und Fuß und Wert.
Wobei, und das werden die Matussek-Kritiker ihm natürlich wieder vorwerfen, nicht ganz rauskommt, ob das im Einzelfall jeweils Safranski- oder Matussek-Gedanken sind. Aber egal, mit all dem, und auch mit dem Matussek-Safranski-Interview (die besten Sätze hier noch mal per »sms«) war das doch eine wunderbare Romantik-Woche im deutschen Feuilleton.
Bei all dem muss ich zugeben: Traditionell bin (war?) ich kein Matussek-Möger. Aber man kann Matussek hinter dem Matussek bei rebell.tv als Sympathieoffensive begreifen. Allein der .ch-Tonfall von sms grundiert einfach mal eine grundsympathische Gesprächssituation und versetzt Matussek in eine schöne Plauderlaune mit interessanten Aussagen.
Insofern ist dieses »fideo« fast schon ein kleines landmark event meiner bisherigen Matussek-Rezeption. Schön auch, wie der »Rebell« den Matussek mit seinen eigenen Klischees konfrontiert (»Man munkelt, der unbeliebteste ›Spiegel‹-Mitarbeiter seien Sie« usw.) und wie dann erst mal prompt die Macho-Szene mit der Sekreteuse kommt.
Und interessant last but not least, wie es im »Spiegel«-Hochhaus zugeht: Dass die Dokumentation da ganz unten sitzt, passt irgendwie in mein Bild von der Augstein/Aust-Festung.
Am 8. September 2007 um 15:01 Uhr
So ist das oft in der herrlichen Blogosphere: Der rebell.tv-Besuch bei MM kam unerwartet, war äußerst überraschend komisch (weird), rechtfertigte einen Klick auf rebell.tv, dann dreistündiges Cross-Surfing auf der Seite, und ab jetzt ist sms im Feedreader.
Schon dieses herrliche Cut!-Ritual, das Tippen auf die Schreibmaschine, schon das ist der Wahnsinn. sms – Stefan M. Seydel – strahlt einfach überbordende Relevanz aus, ein Erlebnis wie FAS lesen (Halten zu Gnaden).
Später vielleicht mehr dazu.
Am 8. September 2007 um 17:39 Uhr
Nach all dem Bio diese Woche habe ich den Mattusek Artikel auch erst heute morgen in der Badewanne gelesen. Das ist eine schoene Geschichte fuer die Badewanne dachte ich mir.
Was mich an dem Artikel ein bisschen nervt ist dieses fuer den Spiegel oft typische Ankuendigen eines Trends den es natuerlich nicht gibt. Auch wenn Herr Safranski ein Buch ueber die Romantik geschrieben hat, heisst das noch lange nicht, dass wir gerade eine Zeit neuer romantischer Sehnsuechte durchleben wie MM reklamiert. Das ist Bogus.
Am 8. September 2007 um 19:01 Uhr
[…] von meinem dicken stuhl in meinem dicken ü-wagen… eieiei… ein suprLieber kommentar vom umblätterer, mit dem kommentar von einem paco | und ein zweiter kommentar von paco auch hier | dabei bezieht er […]
Am 8. September 2007 um 20:30 Uhr
Hey ho, was für ein Traffic romantischer Sympathiebezeugungen heute ;-) Und: Wer hätte das gedacht: Der Umblätterer im Live-Blogging der Ars Electronica…
@Paco: Mit »sms schauen ist wie FAS lesen« hast du aber auch unser absolutes Adelsprädikat verliehen… Und super beobachtet: Die Schreibmaschinen-Lautpoesie, die zugleich Cut-Technik im Web-TV ist – das sind wirklich medienhistorische Interferenzen die Harro Segeberg noch gar nicht auf der Rechnung hat…
@Dique: Klar, dieses: ›Noch nie war so viel Romantik wie heute‹ muss man weglassen. Interessant am derzeitigen Romantik-Hype (letzten Sa: S-Zeitung + Welt, So: FAS, Mo: Spiegel; Do: Die Zeit; heute F-Zeitung) ist ja, dass jeder auf seine Weise mithypt. Außer Spiegel gelesen habe ich nur die FAS. Die erklärt die Romantik für tot, um im Artikel zu sagen: Es lebe die Romantik-Studie von Safranski, ist natürlich auch eine Strategie. Mit dem Lauf des Romantischen von Herder 1769 bis Heiligendamm arbeiten sie alle, ist wohl auch Teil der Safranski-Argumente.
Vielleicht fühlt sich da auch einfach der Germanist in mir angesprochen: Nicht dass heute noch so viel Romantik ist, sondern dass Pop eigentlich schon mit der Romantik angefangen hat, genau das hat mir bei MM so gefallen.
Und zählt Artikel-Bebilderung in unserem Best-of-Contest eigentlich auch mit?
Am 8. September 2007 um 23:18 Uhr
Also, ich bin dagegen, dass im Best-of-Feuilleton-2007 Artikel-Bebilderungen mitzählen. Grad Gabriel gefragt, der deutlich wie immer war:
Ich wollte schon „Na ja, aber“ sagen, bis mir klar wurde, dass man Bonmots nicht hinterfragt, ich meine, sowas macht man einfach nicht.
Die Matussek-Nominierung geht übrigens natürlich in Ordnung. Das Feuilleton-Jahr hat sich ja überhaupt jetzt doch noch erholt, sodass wir die Top-10 wieder ohne Probleme vollkriegen werden, wie 2005 und 2006. Wäre ja andererseits auch mal möglich, dass die Top-10 nur 7 oder 8 Einträge hat, wenn kein Artikel den Exzellenztext besteht. Just kidding natürlich, das European Feuilleton ist momentan in Hochform.
Am 9. September 2007 um 12:07 Uhr
;-) Gabriel, der Schlawiner! Aber schon OK, bleiben wir dem, was das Feuilleton groß gemacht hat und macht: dem text. Palma meinte indes (und da ist auch was dran), ohne Bild-Beiwerk wäre der Schirrmacher-Coup zur Eröffnung der George-Stauffenberg-Festpiele natürlich nur halb so gut gewesen…
Am 5. Dezember 2007 um 16:53 Uhr
[…] also… ähm… (ok: vielleicht sollte er sich noch regelmässig jemand für den aspekt der charmeoffensive zur seite nehmen… schmidt|pocher : matussek|rebell odr so? haha… egal. wie auch immer… ahja: […]