Die JPEG-Kompression von Peter Richters Digicam
Madrid, 28. September 2007, 06:25 | von PacoDann noch ganz kurz zur letzten FAS, Ausgabe vom 23. September 2007, die mir ja am Montag überreicht, aber bis heute nicht von mir gelesen wurde. Auch als Ergänzung zu Diques Roundup, der das Feuilleton offenbar gar nicht gelesen hat, das darf doch nicht wahr sein!
Jedenfalls fällt gleich Folgendes auf: Peter Richter und Eva Munz waren irgendwo weit weg und haben schöne Fotos von ihren Themen geschossen. Normalerweise reist ja ein Fotojournalist mit, oder es werden einfach Archiv-, dpa-Bilder o. ä. verwertet. Die FAS druckt aber lieber die Digital-Shots ihrer Autoren ab. Was gut ist.
Auf Peter Richters nur in der Druckausgabe enthaltenem Foto zu seinem Norman-Mailer-Artikel (Aufmacher auf S. 25) kann man schön die JPEG-Kompression der Digicam erkennen. Das macht die Reportage auch irgendwie cooler, weil man weiß, dass da nicht irgendein Fotograf noch dazu kam, der es eilig hatte oder eben gerade nicht eilig hatte.
Und Agenturbilder wirken ja oft etwas gesucht (okay, sie sind gesucht) und kommen einfallslos oder unpassend daher, besonders dann, wenn es sich um Symbolfotos handelt, die ja manchmal auch im Feuilleton vorkommen (Stefan Niggemeier sammelt übrigens die exemplarischsten Exemplare, hehe).
Nebenbei, im »Autoren become Fotografen«-Zusammenhang immer zu erwähnen: die legendär verwackelten und unscharfen Paparazzi-Fotos, die Matthias Matussek u. a. im »Borchardt« geschossen hat und die vor einigen Monaten in der Jubiläums-»Tempo« abgedruckt wurden (S. 232 f.).
Fällt mir auch deshalb ein, weil Maxim Billers Kolumne »Moralische Geschichten« in der aktuellen FAS ebenfalls im »Borchardt« spielt: Tom Cruise soll vom Geschichtsstudenten Abramow eine Aktentasche mit der Wahrheit über Stauffenberg untergejubelt werden.
Wie auch immer, Millek wies mich per Mail auf diese Szene und überhaupt wieder mal generell auf die Biller-Kolumne hin, weil ich ihm gegenüber fälschlicherweise behauptet haben muss, dass ich sie nicht lese.
Zurück zu Norman Mailer. Richter überliefert eine Art Nachwort zu Mark Twains Erklärung zur deutschen Sprache, die man ruhig mal berüchtigt nennen kann. Mailer nämlich (»I love the ›chhrrr‹ in German«) schreibt in seinem gerade auf deutsch erschienenen Buch »Das Schloss im Wald«:
»Diese Sprache war voll von Magenknurren und dem Wind in den Därmen der Lebensgenießer, den Kommandos, die man Haustieren zuruft, und dem Brüllen, das einem beim Anblick von Blut in der Kehle aufsteigt.«
Usw. Und auf Seite 29 schildert die sehr gute Afghanistan-Reisende Eva Munz zwischendurch mal kurz den Nachrichtenfluss im Krisengebiet, eine Orgie multiperspektivischen Erzählens:
»Eine deutsche Frau ist heute in Kabul entführt worden. Taliban. Sie ist vielleicht schwanger. Sie war in Begleitung eines Mannes. Sie ist nicht schwanger. Sie gehört einer christlichen Organisation an. Ihr Mann war dabei. Sie hat in einer Pizzeria missioniert. Es waren Kriminelle, keine Taliban. Sie ist Entwicklungshelferin, nicht Missionarin. Doch schwanger. Wie kann man nur, als Frau, in Afghanistan – und überhaupt, wenn man schwanger sei – viel zu gefährlich und die Hygiene! Eine schwangere Deutsche hat nichts in Afghanistan zu suchen. Wenn sie nicht schwanger wäre, wäre es noch mal etwas anderes. Von wem ist sie schwanger? …«
Das ist sehr, sehr gut geschrieben. Und außerdem zitiert sie auch noch lustvoll die herrlichen Meta-Sätze der Presseoffiziere:
»Dann schreiben Sie wieder, dass die Bundeswehrsoldaten nur Horrorfilme sehen.«
»Das wird dann wieder so interpretiert, als seien deutsche Soldaten Waschlappen.«
Alles auch sehr gut, und das war es mit der FAS für diese Woche. Ab nächster Woche kann ich sie auch wieder vom local dealer bekommen, denn die FAS-Situation in Madrid ist ja, wie gesagt, nicht zufrieden stellend.