F-Zeitung, FAS, Monocle, strassenfeger
Berlin, 29. Oktober 2007, 15:54 | von Dique»Das Grauen vom Lande« eröffnet das sonntägliche Feuilleton, und auf dem Bild zum Text grinst Kurt Beck im kurzärmeligen, karierten Campinghemd, aber es fehlt der »Titanic«-Schriftzug »Knallt die Bestie ab!« – Freitag in Berlin aufgeschlagen, grüßte mich Bruno schon von jeder Zeitung, begonnen mit der Berliner Morgenpost, und da nun ja auch die F-Zeitung ein Bild auf der Titelseite hat, strahlt er auch von dieser.
Die aktuelle »Monocle« (issue 08) hat auch ein FAZ-Bild auf die Titelseite gesetzt, dahinter wahlweise eine junge Frau oder einen jungen Mann mit jeweils schwerer Brille. Ja, richtig, »Monocle« erscheint mit zwei verschiedenen Titelseiten. Gibt es wirklich Leute, die deshalb wissentlich (oder gar unwissentlich, hehe) zwei Mal kaufen?
»Achtung! Hold the front page« heißt der Artikel, und es gibt ein ganzes Zeitungsspezial, das einen netten Überblick über weite Teile der internationalen Zeitungslandschaft gibt. Man erfährt zum Beispiel, dass die japanische Tageszeitung »Yomiuri Shimbun« mit einer 14-Millionen-Auflage erscheint, wow!
Ansonsten: »Horn Of Plenty«, ein Artikel über Djibouti, ist sehr spannend, sowie eine lange Nummer über Murmansk (»High Energy«). In der Politiker-Style-Rubrik geht es um Königin Rania von Jordanien, na ja, immer noch besser, als wenn es um den kurzärmeligen Beck ginge.
Aber zurück zum FAS-Feuilleton. Claudius Seidl meint, dass das Übel an Beck sein Provinzialismus sei und kann das auch sehr gut begründen. Dieser Provinzialismus sei eben nicht nur »ein Mangel an Ausdruck, Form und Haltung, sondern ein Mangel an Substanz« (wie ihn auch Peter Unfried in der taz von heute zitiert). Den Seidl-Artikel bitte lesen!
Wenn man Robert Redford aus rahmenloser Brille aus schwarzem Rollkragenpullover aus schwarzem Hintergrund lächeln sehen möchte, schlägt man das Feuilleton-Buch einmal auf. Man kann aber auch gleich eine Seite weiterblättern und die Rezension über die Herman-Melville-Biografie von Andrew Delbanco durchlesen, und die macht wirklich neugierig. (Der Artikel von Manuel Karasek ist nicht online, daher hier die Kritik des Deutschlandradio).
Daneben dann Peter Richter über das Obdachlosenmagazin »strassenfeger«, welches ich mir tags zuvor in einer Berliner S-Bahn kaufte, auch wegen der »Uta« aus Naumburg auf dem Titelbild.
Und dann gibt es noch einen großen Johanna-Adorján-Artikel über das Pyramiden-Project von Ingo Niermann und Jens Thiel. Die Idee entstammt Niermanns Buch »Umbauland« von 2006. Um das Beschäftigungsproblem Ostdeutschlands zu lösen, schlägt er den Bau eines riesigen Totenmonuments in Form einer Pyramide vor.
Diese traumhafte, etwas spinnerte Idee wurde zum Selbstläufer, und nun fangen tatsächlich einige renommierte Architekturbüros dieser Welt mit Entwürfen an. Mit 89.000 Euro fördert die Bundeskulturstiftung das Projekt, und in der Jury des Architektenwettbewerbs befinden sich Namen wie Rem Koolhaas, Miuccia Prada und Omar Akbar.
Alles in allem wie immer eine super Ausgabe, und ich habe hier nur vom Feuilleton gesprochen.
Am 29. Oktober 2007 um 17:32 Uhr
Den Seidl-Artikel hab ich auf die 2007er Kandidatenliste gesetzt, nicht wegen des Themas, sondern wegen der Art, wie er dieses Thema anpackt: sich damit »ein für allemal« auseinanderzusetzen, wie es ja auch in dem von dir verlinkten taz-Artikel hieß. Das ist schließlich der Impetus, den wir bei Feuilletonisten so lieben und hassen, und wenn es so gelingt wie hier, dann kudos!
Am 29. Oktober 2007 um 18:46 Uhr
Sehr richtig, Paco. Sehr guter Artikel. Beim ersten, flüchtigen Lesen (vor dem Espresso) hielt ich ihn für zu gewollt und gekünstelt, beim zweiten Lesen setzten sich die Teile sehr schön zusammen.
Allerdings verstehe ich nicht, warum man groß angekündigt hat, dass „Beruf & Chancen“ größer werde – man hat doch einfach die Samstags-Beilage in den Sonntag gesteckt, oder? Und Julia Stegner. Uhm, gehört doch wohl eher in Gesellschaft, zu Hardcore und Z wie Zegna.
Ansonsten? Wie immer sehr ordentlich, deutlich besser als letzte Woche (arme, arme Julia Encke) und erstaunlich, dass beim Pyramiden-Text nirgends der Name Christian Kracht fällt. Der Name an sich würde das ganze Projekt ja erklären und alle wüssten, dass man Zwinkern muss.
Am 30. Oktober 2007 um 12:00 Uhr
»Beruf & Chance« lese ich nicht, keine Ahnung. Was steht dann da so drin? Und Christschin Kracht ist grad ganz woanders, that’s what they say.
»They? The government?« (George Costanza in »The Burning«, Seinfeld 9.16)
Am 30. Oktober 2007 um 16:44 Uhr
Ich fürchte, Christian Kracht weiss selbst nicht so ganz, wo er gerade ist, oder?
Ach, ab und an schon ganz lesenswert, v.a. wenn’s um’s Studium geht.
Am 30. Oktober 2007 um 19:41 Uhr
Fous la paix à Monsieur Kracht. Sinon tu vas voir.
Am 30. Oktober 2007 um 19:53 Uhr
„Fous“? So geht doch keine „faire“-Fom, ausserdem „…la paix avec qn“ – oder?
Ich mag ihn natürlich sehr, im Gegensatz zum deutschen Feuilleton.
Am 30. Oktober 2007 um 20:02 Uhr
Gute Güte, soll ich dir jetzt die Formen von ›foutre‹ aufzählen? Ansonsten mal bitte googeln, Phrasensuche hilft da oftmals, hehehehehe.
Am 30. Oktober 2007 um 20:47 Uhr
Und was werde ich schon sehen? Das Methan-Monster?