Die FAS und ihr Wirtschafts-Feuilleton
London, 23. November 2007, 07:20 | von DiqueZur Ausgabe der FA-Sonntagszeitung vom 18. 11. 2007
Manchmal ist der Wirtschafts-Teil das bessere Feuilleton. Großartiger doppelseitiger Artikel von Gerald Braunberger über Werner Sombart, »Ode an den Dämon«. Sombart wird wohl wieder ausgegraben, und ich will mich hier nicht aufmandeln, kenne die Materie nicht, aber in dem Artikel kommt er als wunderbar semi-exzentrischer Kauz daher, der in seiner privaten Bibliothek immerhin 35.000 Bände anhäufte.
Das Buch von Klaus Walther fällt mir da ein, »Bücher sammeln«, aus der dtv-Reihe »Kleine Philosophie der Passionen«, ein bunter Blumenstrauß an Kapiteln rund ums Büchersammeln. Dazu passt auch eines der FAS-Fotos, auf dem Sombart mit Spitzbart vor einem Regal sitzt und schmökert.
Und noch ein schönes Porträt findet sich in dieser Ausgabe, im Politik-Teil allerdings, Abteilung »Zur Zeit«, über den Umzugsunternehmer Zapf, der mit genschergelben Hosenträgern ZZ-Top-mäßig aus dem großen Bild grinst, und dann noch eines über Roland Berger, wieder im Wirtschafts-Teil, von Rainer Hank.
Berger hat Unternehmensberatung nach Deutschland gebracht, so wie einst Elisabeth Noelle-Neumann die Meinungsforschung, aber eben ein paar Jahre früher, die Noelle-Neumann, oder ›die Noelle‹, wie sie der Fachkreis nennt. Am Institut nannten wir sie immer Noelle-Luhmann, weil einer unserer studentischen Helfershelfer mal diesen Versprecher begangen hat.
Wie auch immer, zurück zu Zapf: Er gibt die kuhle Berliner Pflanze, die mit Umzügen ein Vermögen anhäufte und auch gern aus Langeweile an der Börse zockt und von sich selbst sagt: »Ich bin kein Kleinaktionär, ich bin eine Streuschrecke«, hehe.
Ein Feuerwerk der Porträts war das diesen Sonntag, Wirtschafts-Feuilleton, wie es nur die FAS kann. Abgerundet wird das Ganze durch ein Porträt der Bestseller-Kinderbuchautorin Cornelia Funke, sie wird auf der Rückseite des Wirtschafts-Teils vorgestellt, der typischen Porträtseite. Literatur als Wirtschaftsfaktor ist das Stichwort. Es gibt auch ein Foto von C. F., mit MacBook vor und Bücherregal hinter ihr. Im Gegensatz zu Sombart hat sie aber ein paar offensichtliche Lücken in ihren Buchreihen.
Und im Feuilleton selbst? Biller ist natürlich wieder sehr gut, Johanna Adorján beschwert sich über die miesen Vorstellungen von »Schmidt & Pocher« (das macht auch Thomas Tuma im aktuellen »Spiegel«), und dann gibt es endlich mal einen guten Artikel über Stefan Aust und die Entlassung, von Claudius Seidl, mit der ganz hervorragenden Überschrift »Psst: Wollen Sie Chefredakteur werden?« – besser kann man das Dilemma der momentanen Führungslosigkeit des »Spiegels« nicht thematisieren.
Oliver Gehrs hat ja selbstverständlicherweise auch kein gutes Haar an seinem Buchgegenstand Aust gelassen und hat ihm nach Dauerbeschuss in der taz und im n-tv-Interview auch noch einen ganzen watchberlin-Blattschuss gewidmet. Als Gegenmeinung hat Rainald Goetz in seinem »Klage«-Blog ein paar versöhnliche Worte über Stefan Aust geschrieben und das zu Recht, wie wir Umblätterer meinen.