In den Azrieli Towers
Tel Aviv, 31. Dezember 2007, 19:10 | von PacoHeute morgen bei den Jungs von Waves Audio im 32. Stock des Triangle Towers, dem schönsten der Azrieli-Skyscraper. Unsere Lorbeerverteilung für die 10 besten Feuilletonartikel der letzten 12 Monate rückt näher, Millek am Telefon mit Marcuccio, im Hintergrund ein wenig Stadt und mit etwas Phantasie das Meer:
Währenddessen: In der Kantine liegt die Kostenloszeitung »Israel Ha’Yom« umher, kurz reinblättern, der tägliche Sticker zum Ausschneiden trällert heute den Abgesang aufs alte Jahr:
»Alpaim ve’sheva sofsof ha’sof«, »2007 endlich zuende«, diese Sicht deckt sich mit der von Oliver Gehrs, der gerade meinte, dass 2007 auch für den »Spiegel« »ein ganz ganz fieses Jahr« gewesen sei.
Hält uns natürlich nicht davon ab, hinunter in die Azrieli-Mall zu gehen, zu Steimatzky, und den heutigen »Spiegel« zu holen. Damit wir die Zeitschrift nicht wieder gleich zerreißen müssen, sacken wir noch eine »Vanity Fair« ein, die amerikanische natürlich, January 2008.
Dann eine Etage höher, in eine Aroma-Espresso-Bar-Filiale. Lektürewahn. Schere, Stein, Papier, ich verliere wie immer (absichtlich, hehe) und kriege die VF.
Schon beim Editorial von Graydon Carter merkt man, dass das keine deutsche Zeitschrift ist, das ist ein knallharter Diss Richtung GWB und Giuliani, etwas wohlfeil vielleicht, aber meinungsstark. Genau das, was deutsche Herausgeber-Vorworte nicht sind – dazu kurz an Julia Enckes FAS-Artikel von neulich erinnern. Sie schrieb damals, dass Helmut Markwort der einzige worthwhile Leitartikler ist, bloß merkt das eben kaum jemand, weil das im »Focus« passiert.
Dann gleich weiter zu einem der Coverartikel, »Into the Valley of Death«, Sebastian Junger über eine Einheit des 503. Infantrieregiments, die im Korengal-Tal fightet (S. 86-95 und 146-147). Ein sehr guter Frontline-Artikel, der Mikro- und Makrosicht einbezieht. Mehrere Abschnitte beginnen mit »ich«, es liest sich gleich viel besser, wenn die Situation des Schreibers ab und zu klar dargelegt wird.
Millek isst Sandwich um Sandwich, damit er sein Kampfgewicht erreicht (»endlich«), und liest dabei den »Spiegel«:
Welche Artikel bis jetzt: »Der Schlächter von Monrovia« (S. 98), den generellen Artikel zu Privatisierungen staatlicher Unternehmen auf S. 58 und den Bhutto-Aufmacher (S. 82, noch nicht ganz fertig). Und ganz zu Anfang und vor allem das Interview mit Joachim Latacz auf S. 125. Tja, vorgestern war Millek noch Schrottianer, nachdem er die Lektüre der vier Homer-Seiten von vorletztem Samstag nachgeholt hat. Jetzt will er auf den nächsten Pro-Schrott-Artikel warten, um wieder umzuschwenken.
Dann raus aus den Towers und rein ins Museum of Art am Shderat Shaul Hamelech. Ein paar gute Sachen aus der zweiten Reihe, schärft den Blick. Aber auch etliche schöne Pissarros, und Alfred Sisley passt zum Wetter draußen, und die »Journal«-Bilder von Juan Gris wären ja im Prinzip geeignete Logos für den Umblätterer. Usw.
Am 4. Januar 2008 um 01:32 Uhr
Frage: Haben sich Millek und Enzensberger für ihre Silvester-Sause mit dem »Spiegel« hemdentechnisch abgesprochen? Antwort auf S. 133! Leider hat Millek für ein Beweisfoto mit Nachrichtenmagazin und Sandwich gerade die falsche Seite aufschlagen. Die schaut übrigens schwer nach Thomas Hüetlin aus (»Sein Haus, sein Auto, sein Boot«, S. 50/51) … ;-)