Die FAS und die Tauben
London, 20. Januar 2008, 23:51 | von Dique»Taube, Vogel im grauen Gewand …« – so verherrlichend beginnt der Massenmörder/Dichter Benoît in dem belgischen Mockumentary-Klassiker »Mann beißt Hund« sein Gedicht über diese Tierart, aber sobald mir das gräuliche Federvieh zu sehr auf die Pelle rückt, bekomme ich Paranoia, und anscheinend immer kommen diese blöden Viecher zu mir, zu nah.
So wie heute Morgen, ich hatte gerade erst die neue FAS von meinem Newsagent erworben, der immer noch ein bisschen zerknittert wirkte, weil they gerade die Straße vor seinem Laden aufreißen. Das kann nicht gut fürs Geschäft sein.
Ich ging dann ins Lisboa. Man kann da wirklich nur eine Kaffeelänge zubringen, denn es ist einfach zu voll und zu ungemütlich, wenn auch irgendwie charmant. Aber der Kaffee, der Galão, ist so köstlich, und dazu die leckeren Schweinsohren oder, eleganter ausgedrückt, die Palmiers.
Nun gut, das Ding gerammelt voll, wie erwartet, aber mildes Wetter, da platziere ich mich an einem der kleinen Tische draußen vor der Tür.
Kaum sitze ich, streue Zucker in den Kaffee und will beim Umrühren schon mal in mein Schweineohr beißen, kommt das erste graue Federviech daherstolziert, pirscht sich langsam heran, unauffällig pickend, und zeigt schon nach kurzem keine Scheu mehr, pickt schon fast an meinen Schuhen herum.
Ich verjage es, es kommt wieder, ich stampfe noch mal mit dem Fuß auf, und wieder kommt es langsam heranspaziert, es treibt sein Spiel. Und dann, wie aus dem Nichts, ich bemerke es nicht, startet ein gutes Dutzend Tauben vom Häusersims gegenüber, landet vor mir auf dem Fußweg und kreist mich, unauffällig pickend, ein.
Ich hatte gerade ein paar Bissen getan und ein paar vorsichtige Schlucke des heißen Milchkaffees eingenommen, noch nicht mal die FAS hatte ich umsortieren können, geschweige denn meine Nase in einen der Artikel klemmen.
Also gut, Flucht nach drinnen, an die kleine Theke zwischen den großen Kaffeemaschinen, und hier falte ich dann im Stehen an der FAS herum. Sport, Technik, Motor, alles will entsorgt sein, stream lining, auf das Wesentliche konzentrieren. Dann austrinken und schnell raus und weg, die Tauben werden sich einen Ast lachen. Dann eben ein Cafe Nero in der Nähe, taubenfrei und endlich Ruhe.
Peter Richter schreibt als »wir vom gutbürgerlichen Feuilleton« einen Artikel über den deutschen Gangsterrap, hochgradig empfehlenswert. Es geht überwiegend um den Rapper Massiv aus Pirmasens, der jetzt in Berlin lebt und dessen Rap anscheinend nach einem »dicken Jungen« klingt, »der die Treppe nicht hochkommt«, hehe.
Johanna Adorján macht Lust auf ein auf den ersten Blick unspannend klingendes Buch von Alan Bennett, »The Uncommon Reader« (FAS nicht online, dafür NYT), in dem sich die englische Königin durch Zufall und natürlich fiktiv zum Bücherwurm entwickelt.
Dann gibt es von Peer Schader lustige Anekdoten über Fernsehzuschauer und deren Wahrnehmung des Mediums, eine lange Kritik von Peter Körte über den neuen und ersten englischsprachigen Film von Wong Kar-Wai, und Feuilleton-Aufmacher ist Wladimir Sorokins Buch »Der Tag des Opritschniks«.
Jetzt müsste eine Pointe kommen, die irgendwas mit Tauben zu tun hat, denn schließlich fing der Text hier so an, aber ich sah keine Taube, weit und breit nicht, als ich mich auf den Rückweg machte. Ich glaube, das ist auch der Punkt, den Benoît in seinem Filmgedicht machen will:
Taube, Vogel im grauen Gewand
In der Städte Hölle hast du von mir
Deine Blicke verbannt
Du bist wirklich die Schnelle
Am 21. Januar 2008 um 12:26 Uhr
Inspiriert von Euch manischen Helden der kultivierten Zeitungslektüre habe ich gestern meinen seit ungelogen sechs Jahren aufgehobenen Gutschein eingelöst. Und war schockiert …
…über die Meldung, dass mein eher kapitalismuskritisches Weltbild nicht von Margot H. beeinflußt wurde (Menno!), sondern von den bösen, bösen Schulbüchern und dem darin gezeichneten Unternehmer-Bild. Also, das war auch keine Meldung, sondern so eine Art Aufmacher auf der Seite 1 des ersten Buches. Jetzt die Frage an Euch, ob ich ein Gutscheinabo trotz dieses Knieschusses (der FAS) wagen soll.
Am 21. Januar 2008 um 13:10 Uhr
Wie man in franzoesischen Schulbuechern lesen kann ist z.B. Wirtschaftswachstum ungesund, denn es „erzwingt einen hektischen Lebensstil, der zu Überarbeitung, Stress, nervösen Depressionen, Herz-Kreislauf-Krankheiten und, so sagt man, sogar Krebs führt“.
Vielleicht muss man das kapitalismuskritische Bild von Margot H. auch unter gesundheitlichem Aspekt betrachten.
Im Wirtschaftsteil gab es dann zum Aufmacher diesen sehr langen zweiseitigen Artikel zum Thema, welcher hier im Netzl zu finden ist.
Zu deiner berechtigten Frage, ja, wage, mehr Demokratie, vielleicht, aber vor allem ein FAS Gutscheinabo, denn der Knieschuss ist ja nicht mehr als vermeintlich.
Am 14. August 2008 um 11:32 Uhr
Tauben? Wo? Die mach`ich fertig
Am 14. August 2008 um 14:42 Uhr
Danke, ich werde die genauen Ortsangaben der Treffpunkte und auch die Stosszeiten umgehend per Email durchgeben.
Am 1. Dezember 2008 um 11:29 Uhr
Schatz, das Wetter ist wunderschön,
Da leid ich’s net länger zu Haus!
Heute muß man ins Grüne gehn,
In den bunten Frühling hinaus!
Jeder Bursch und sein Mädel
Mit einem Freßpaketel
Sitzen heute im grünen Klee,
Schatz, ich hab eine Idee!
Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau,
Geh mer Tauben vergiften im Park!
…
Am 1. Dezember 2008 um 12:48 Uhr
Letztes Wochenende wollte mir doch tatsaechlich jemand Georg Kreisler als Bayern verkaufen :)