Schloss Schleißheim:
»Dir sei der Tag – laß uns die Nacht!«

München, 7. Februar 2008, 18:57 | von Millek

Trotz schönster Februarsonne wirkte die barocke Parkanlage von Schloss Schleißheim auf uns eigenartig trist. Keine Ahnung, ob das am Graugelb des Rasens, den leicht brüchigen Fassaden oder den wenigen, unmotiviert schlendernden Schlossbesuchern lag.

Gerade als wir die Ostseite des Schlosses zum zweiten Mal ablaufen wollten, stießen wir am Rande des Parks auf eine Tafel, die schien, als wäre sie von den Tieren des Waldes dort aufgestellt worden:

Gedicht von den Tieren des Waldes

Etwas undeutlich handyfotografiert, daher kurz die Transkription:

Kommst Du – Mensch – in dies Revier,
vergiß uns nicht, wir leben hier.
Sind froh und dankbar, genau wie Du,
gibt man uns Frieden und die Ruh.
Wir bitten dich sei darauf bedacht:
»dir sei der Tag – laß uns die Nacht.«
Drum, wenn die Sonne geht zur Ruh,
verlasse dann den Wald auch Du.
Sei morgens nicht so zeitig hier,
sonst störst du uns und das Revier.
Vom Dämmern bis zum frühen Morgen,
da müssen wir für Äsung sorgen.
Gar eng wurd unser Paradies,
das uns die Technik übrigließ.
Lass uns die Dickung, bleib Du auf den Wegen,
so kommst Du unserer Bitt entgegen.

Die Tiere des Waldes

Passagenweise erinnerte uns das Gedicht an die Losung von Connewitzer Punks: »Euch die Macht, uns die Nacht!« Wir fanden es äußerst sympathisch und interessant, mit welchen Mitteln an dieser Stelle für Naturschutz geworben wird.

Leider bleibt die wahre Autorschaft dieses Gegenentwurfs zur fürstlichen Machtentfaltung von Schloss und Parkanlage verborgen. Ein oberdeutscher Waidmann nutzt das Gedicht jedoch, um auf seiner Website auf das Anliegen der Tiere aufmerksam zu machen. Ob er gleichzeitig der Autor ist, konnte nicht ermittelt werden.

Dann erinnerten wir uns an den eigentlichen Grund unseres Besuches – »Meisterwerke europäischer Barockmalerei« (Bayerische Staatsgemäldesammlung) – und strebten schnell ins Innere.

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