Neulich vorm Kino
Hamburg, 13. März 2008, 18:03 | von San AndreasEin ganz normales deutsches Filmtheater, eine ganz normale Fassade. Meint man. Aber auf den zweiten Blick bemerkt der aufmerksame Kinogänger, dass alle drei Titel in fließendem Englisch daherkommen:
Ebenso tun das »Into the Wild«, »27 Dresses«, »Control«, »I’m not there«, »Once« … Was ist los mit der deutschen Titelfindungskommission?
Ein Anruf wird Klarheit bringen. »Danke der Nachfrage«, informiert mich die Sekretärin, »der Zuständige ist leider krank und liegt zuhause im Bett.« Wie erholsam das wäre, murmele ich, und sie meint: »Ja, es geht ihm schon viel besser.« Ich beeile mich zu präzisieren: »Nein, ich meine erholsam für das Kinopublikum –«, doch da hat die gute Frau bereits aufgelegt.
Wir waren gefasst darauf gewesen, dass uns ein Titel wie »Öl! – Blut wird fließen« das Wasser in die Augen treiben würde. Oder dass zumindest die deutsche Überschrift der Coen-Vorlage – »Kein Land für alte Männer« – den Zuschlag bekommen würde. Obwohl durchaus auch Kreationen wie »Tod in Texas« oder »Anton, der Bolzenschusskiller« denkbar gewesen wären.
Der letzte Film auf der Tafel entpuppt sich frappierenderweise als astreine deutsche Produktion. Scheint, als wolle Musik-Dokumentar Grube (erster Film: »Rhythm Is It!«) dem profanen Klang einer »Reise nach Asien« entgehen. Hat er die Zeichen der Zeit erkannt? Sind die besten deutschen Titel englisch?
Eben in der Mittagspause fuhr ich am Kino vorbei. »Meine Frau, die Spartaner und ich« stand da. Alles klar. Der Titelmann ist also wieder auf Arbeit. Hat er sich ins Büro gequält, womöglich nicht auskuriert, immer noch kränklich und bald rückfällig. Well … keine falschen Hoffnungen.
P.S. In Bälde auf dem Umblätterer: eine so umfassende wie vergnügliche Phänomenologie der deutschen Filmtitel-Landschaft.