In der Tate Britain: Kanus, Kälte und Kaffee
London, 29. März 2008, 12:28 | von DiqueZwei Ausstellungen in der Tate Britain. Da gibt es zum einen Peter Doig und zum anderen »Modern Painters: The Camden Town Group«.
Peter Doig
Eigentlich kein Riesenfreund moderner Malerei, gehe ich doch wegen Doig dorthin. Großformatige Leinwände sind das normalerweise. Zum ersten Mal sah ich die in der alten Saatchi Gallery in »Triumph of the Painting«.
Der heroische Titel lockte mich damals, und neben Kippenberger und Immendorff gab es dort eben auch Peter Doig. Eine Handvoll Bilder, und die gingen sehr gut. Eines davon zeigte ein überlanges Kanu mit einer relativ gesichtslosen Gestalt darin, ein waldiges Ufer dahinter, was für eine Stille.
Dann gab es da noch ein waldiges Bild, und hinter dem Gestrüpp sah man ein bauhausartiges Gebäude hervorscheinen. Im Februar kamen bei Sotheby’s zwei Doig-Bilder unter den Hammer, mindestens eines aus der Saatchi-Sammlung, das »White Canoe«, das satte £5,7 Mio. brachte. Und nun eine fette Einzelausstellung.
Camden Town Group
Irgendwie gruselt mir dann ein bisschen vor all diesen großen Leinwänden moderner Malerei, und ich gehe erst mal zur Camden Town Group, wegen Sickert, der ja wahrscheinlich Jack the Ripper war, aber eben noch wahrscheinlicher doch nicht.
Ein bisschen unambitioniert kommt mir vor, was hier zusammengehängt wurde. Post-Impressionismus in England, in London, London um 1910, »Modernity«, »Sex«, »Sensation«, »Anti-Modern«, um einige Räume beim Namen zu nennen, und der letzte heißt »Home Front«, und wir sind im Ersten Weltkrieg, der Briten liebstes Kind.
Aber egal, besonders die Sickert-Bilder faszinieren, einige seiner Mordszenen in Camden und besonders das Bild eines älteren Herrn, der vor seinem Pint Bier am Tisch sitzt und eine Zigarre pafft. Dahinter steht eine (seine?) Frau und betrachtet ein Bild an der Wand. Beide für sich und doch zusammen, gefangen, einsam zweisam, Hopper’sche Züge, nicht nur auf diesem Bild.
Members Café
Danach einen Kaffee im Members Café. Leider ist das Members Café in der Tate Britain ein ziemlicher Witz im Vergleich zur Tate Modern oder zur Royal Academy. In der Tate Britain ist es immer kalt, rein von der Atmosphäre her, und die Seite mit dem riesigen Fenster eröffnet einen 2 Meter weiten Blick auf eine weiße Wand, und das verstärkt den Kühlhauscharakter noch.
Eine Einreichung als Vorschlag zum nächsten Kaffeehaus des Monats wäre auch rein technisch nicht möglich, weil keine Telefonkamera der Welt bei diesen Temperaturen arbeitet. Man fährt also eigentlich deutlich besser im öffentlichen Café.
Zurück zu Doig
Wegen unserer Trödelei und den ganzen Diskussionen beim Kaffee haben wir dann für Doig nur noch ca. 55 Minuten Zeit. Von denen wir aber nur ganze 20 in Anspruch nehmen, denn in dieser Fülle funktioniert Doig für mich einfach nicht.
Es gibt ein paar Lichtblicke. Die Kanuszene wird noch ein paar Mal verballert, eigentlich ziemlich gut sogar, und immer wieder diese Wälder mit diesen eigenartigen Flecken auf dem Bild, nicht schlecht, aber eben auch nichts, das lange fesselt, nichts, in das man sich gern hineinmeditiert, und viele der Bilder scannt man schnell weg, und das scheint zu reichen.
Irgendwann sitzt dann mal eine Art Jesus in einem dieser langen Kanus, und ich frage nicht nach dem Grund. Dieser Jesus taucht dann ständig auf, auf Inseln, im Wasser. Das sind die neueren Bilder. Die allerneusten zeigen Wasserflecken, diese sind natürlichen Ursprungs, denn in Doigs Studio schien es reinzuregnen, und er nutzte dann einfach die Flecken als Teil des Bildes.
Das schnappe ich im Vorbeigehen im Foyer auf, denn da laufen ein paar Videos über den Künstler, und er erklärt es gerade persönlich, und hier erkenne ich genau dieses Bild wieder, neben dem Ausgang. Dem nähern wir uns dann recht schnell und nutzen die letzten 35 Minuten, um uns noch ein bisschen an den reichhaltigen Turner-Schätzen zu laben, zum Akklimatisieren, wenn man so will.