Die FAS vom 27. 4. 2008:
Drei Frauen, drei Generationen, drei Artikel
London, 27. April 2008, 21:25 | von Dique
Volker Weidermann mag »Taxi«, das neue Buch von Karen Duve, und hat sie in ihrem zum Wohnhaus umfunktionierten Bahnhof in Blangenmoor bei Brunsbüttel besucht. Locker schreibt er über die Reise in den Norden, die Landschaft und Abgelegenheit des Ortes und die energische Bulldogge der Autorin (S. 25).
Hinterm Haus, am Teich mit den Molchen, zwischen Vogelgesang und Sonnenschein, dann mal was über das Menschenbild der Autorin:
»Vor allem die eine Hälfte des Menschentums steht im Fokus ihrer Verachtung: Männer. Ein Mann übersteht die Karen-Duve-Lektüre nicht unbeschadet.«
V. W. scheint die Lektüre überstanden zu haben. Allerdings bleibt mir in diesem durchweg guten Text unklar, was er an dieser Geschichte über die Menschen verachtende Taxifahrerin Alex Herwig so besonders findet.
»Fahrgäste waren Gesindel. Reiche Fahrgäste waren vergoldetes Gesindel. Nette Menschen fuhren nicht Taxi.«
Das wirkt eher aufgesetzt als provokant. Außerdem, bei ›Taxi‹ denkt man ›Driver‹, vor allem, wenn es sich um Taxistas handelt, die von ihrem Umfeld angewidert sind. Und gegenüber Travis Bickle und seinem »some day a real rain will come and wash all this scum off the streets« klingt »Taxi« ein bisschen nach Lightversion. Pufftouren im Mercedestaxi in Hamburg, denn männliche Taxiinsassen scheinen ständig in den Puff zu fahren. Aber gut, die Frau hat 13 Jahre in diesem Gewerbe gearbeitet und wird es wissen:
»Die ersten drei Jahre waren okay, die letzten zehn hätte es nicht unbedingt gebraucht.«
Vom »low« des Taxifahrerdaseins zum »high« der Society, Cindy McCain. Nach der Berichterstattungsflut über Hillary und Obama und Obama und Hillary nun mal was zur Frau des republikanischen Kandidaten John McCain. Anstatt 13 Jahre Taxi gefahren zu sein, wurde sie mit 14 Jahren Rodeoqueen und zur bestangezogenen Schülerin gekürt, und gut angezogen erscheint sie auch noch heute.
Ansonsten der klassische konservative First-Lady-Typ, philanthropisch, Mutter, Support im Hintergrund, alles nicht so spannend. Aber die Seite sieht schön aus, das Foto, die McCain im roten Kostüm, am rechten Bildrand, und hinter ihr nur der rot-weiße Teil der Stars & Stripes, sehr rot, so wie auf Seite 4, da wird Sigmar Gabriel im Comicformat porträtiert, und zwei Seiten weiter gibt es vier Bilder eines Embryos, ebenfalls rot, sehr intensiv. Nicht umsonst ist die FAS erneut unter den vier »world’s best-designed newspapers«.
Und, um das hier mal »gender biased« abzurunden, noch eine Generation weiter, wieder eine Frau, Leonora Carrington (s. Wikipedia). Es geht in dem Text von Monika Maron überwiegend um Carringtons Roman »Das Hörrohr« (EV 1974), der jetzt in 5. Auflage erscheint. Darin bekommt eine eigentlich taube, alte Frau ein Hörrohr geschenkt, erfährt auf diese Weise, dass sie von ihrer Familie ins Altenheim verbannt werden soll und schmiedet sofort Ausbruchspläne.
Das Altenheim heißt »Die Bruderschaft zur Quelle des Lichts«, und das Buch endet in einem surrealistischen Desaster. Leonora Carrington ist auch Malerin und stellte 1938 zwei Bilder in der Pariser Surrealismus-Ausstellung aus. Seit den 40er-Jahren lebt sie mit kurzen Unterbrechungen in Mexiko.
Viele der anderen Artikel in der FAS handeln übrigens von Männern, so wie der von Joachim Lottmann zum Film »Iron Man«.
Am 28. April 2008 um 23:04 Uhr
Jetzt poste ich schon wieder – aber ist das wahr: der Lottmann schreibt jetzt tatsächlich für die FAS? Regelmäßig?
Am 28. April 2008 um 23:21 Uhr
Regelmäßig denke ich nicht, die Filmrezension zu „Iron Man“ erschien mir sehr nach Gastbeitrag.
Am 29. April 2008 um 00:15 Uhr
Ich glaube auch nicht, dass sich Lottmann nach den Erlebnissen mit seinen »Spiegel«-Texten noch mal auf Dauer redaktionell anketten lässt. Einen Lottmann-Text redigieren ist ja so, als ob man der Nike von Samothrake irgendeinen Plastekopf aufsetzte, weil sich das angeblich so gehört.