Die FT Weekend und die FAS vom 29. 6. 2008:
Die Butter, die Stille, die großen Häuser Europas
London, 30. Juni 2008, 13:07 | von Dique
Ein Teller mit Butter »is the only item of food Hammershoi is known to have painted«, schreibt Jackie Wullschlager in der FT Weekend in ihrem Review zur Vilhelm–Hammershøi-Ausstellung »The Poetry of Silence« in der Royal Academy of Arts, und da muss ich erneut einen Teilnehmer der kürzlich in den Musei Vaticani absolvierten Speedtour zitieren, »now that’s a useful bon mot«.
Hammershøi ist mir vor Jahren nach einer Empfehlung aufgefallen, von dieser Ausstellung hatte ich vorher allerdings keinerlei Peilung. Wenn man nicht gerade nach Skandinavien fährt, sieht man von ihm auch relativ wenig. Ich bin dann gestern gleich hingegangen, denn so linear können Medien manchmal wirken.
»Hammershøi led an uneventful life.«
Das ist der erste Satz der Einführung in Raum 1 der Ausstellung, und im Œuvre des Malers spiegelt sich das genau so wider. Weniger »eventful« geht es kaum, und das meine ich keinesfalls negativ.
Hammershøi hat sich in weiten Teilen seines Werkes auf das Innenleben seiner eigenen vier Wände beschränkt und erzeugt mit diesen distanzierten Schnappschüssen genau die poetische Stille, mit der die Ausstellung treffenderweise bezeichnet wurde.
Er erinnert an Vermeer, an de Hooch und andere Niederländer dieses Umfelds, und bei denen hat er sich ausdrücklich bedient, allerdings nicht einfach kopiert. Spartanisch eingerichtete Räume, und wir betrachten sie aus kühler Distanz.
Wenn auf den Bildern Personen dargestellt sind, dann sieht man sie von hinten oder wie sie beschäftigt nach unten sehen. Man nimmt nicht Anteil an ihnen, und die Figuren laden auch nicht dazu ein. In dieser Distanziertheit erinnert Hammershøi auch an Edward Hopper, allerdings farblich deutlich gedämpfter. Ein leichter Grauschleier hängt über seinen Bildern, und sie wirken dadurch etwas schlierig und erinnern mich darin im weiten Sinne auch etwas an die minimalistischen Stillleben von Giorgio Morandi.
Die Überschrift des Artikels in der FT Weekend lautet: »Rooms without a view«, und in der gestrigen FAS, welche ich dann beim Kaffee in der RA las, ist Andreas Kilbs Artikel über die Berliner Sebastiano–del–Piombo-Ausstellung so überschrieben: »Warte, bis es helldunkel wird«. Was für Überschriften, und was würde unser Experte Gabriel wohl dazu sagen, zu billig, zu easy? Mir gefallen beide.
Bei Andreas Kilb gefällt mir aber besonders der Artikel. Der ist ganz wunderbar geschrieben, dicht und informativ, man hat das Gefühl, schon erschöpfend dort gewesen zu sein, aber trotzdem noch mal hinzuwollen, allerdings schreibt Kilb:
»Die italienischen und spanischen Museen haben ihre Kostbarkeiten für das Projekt hergegeben; aus den großen Häusern Europas dagegen, der National Gallery, dem Louvre, der Ermitage, kommt fast nichts außer ein paar Zeichnungen«.
Was schlecht für das Projekt ist, ist gut für mich, denn bis zur National Gallery sind es nur ein paar Minuten Fußweg, und ich kann mir gleich noch ein paar der Schätze ansehen, die die »großen Häuser Europas« garstigerweise nicht für die Ausstellung rausgerückt haben.
Am 6. Oktober 2008 um 13:06 Uhr
habt ihr kontakte nach london? – wir sind demnächst dort. ein schnippsel geht in die royal academy of arts… lässt sich was kombinieren mit euch?