Der letzte »Economist«
London, 20. September 2008, 19:52 | von DiqueDen »Economist« kaufe ich nur noch bei besonderen Gelegenheiten. Ich suche ihn auf wie einen weisen Freund, den man viel zu selten sieht und an den man sich wendet, wenn man von keinem anderen mehr erwartet, brennende Fragen beantwortet zu kommen. Das ist ein bisschen wie in dem besten und wohl einzigen sinnvollen filmischen Beitrag zur Artus-Sage, »Excalibur« von John Boorman.
Am Ende des Films vereinen sich die Ritter der Tafelrunde zur letzten Schlacht gegen Mordred, den bösen Sohn von Artus und dessen nicht minder bösartigen Halbschwester Morgana. Am Vorabend der Schlacht steigt Artus auf einen Hügel mit Monolithen und spricht zum verschwundenen Merlin (Morgana hatte ihn zuvor mit seinem eigenen Zauberspruch verhext), um den er sich seit Jahren nicht gekümmert hat. Er kehrt zurück und erhofft sich Beistand.
Nichts anderes erwarte ich vom »Economist« nach dem Massaker an den Finanzmärkten in der letzten Woche. »The Economist« erscheint am Freitag, und ich ging heute (Samstag) morgen bei meinem Newsagent vorbei. Normalerweise gibt es die gerade aktuelle Ausgabe die ganze Woche lang bis Donnerstag, bevor dann am Freitag die neue in die Geschäfte gelegt wird.
Ich stand nun vor dem Regal mit den News-Magazinen und konnte ihn einfach nicht finden. Dabei hatte ich das Cover-Bild genau im Kopf, nachdem ich schon im Netz das Inhaltsverzeichnis abgescannt hatte: ein reißender Strudel, in dem die Logos großer Finanzwerte hinabgerissen werden.
Vielleicht lag er an der Kasse. Fehlanzeige. »I don’t seem to find The Economist«, sagte ich dann zu meinem Newsagent, welcher mich schelmisch angrinste. »I have only one copy left«, sagte er und holte unter einem kleinen versteckten Papierstapel noch ein Exemplar hervor. »The best newsagent, hehh?«
Jedenfalls bin ich also nicht der einzige Leser, der sich, wenn die Kanonen donnern, auf die sachlichen Lageberichte dieses Blattes besinnt.
War bis eben aber noch gar nicht zum Heft gekommen, denn im FT Weekend Magazine gibt es eine Warren-Buffett-Biografie, »A billionaire in the making«, und die las sich ganz prima zum Kaffee.
Aber nun endlich zum »Economist«, direkt in den Leader auf Seite 13, bei dem ich mich besonders über diesen humorvollen Satz freue:
»Some will argue that the Federal Reserve and the Treasury, nationalising the economy faster than you can say Hugo Chávez, …«
Am 22. September 2008 um 11:20 Uhr
Aye, a fellow Economist. Aber was ist ein „wonkathon“? („These realisations were honed – partly in wonkathons with Bill Clinton (…)“) (S. 28, dritte Spalte, unten)
Am 23. September 2008 um 23:32 Uhr
Auf den ersten Blick könnte man ja meinen, dass es sich um einen Druckfehler handelt und es eigentlich „Workathon“, also eine Art endlose Arbeitssitzung oder so, heißen sollte. Wenn das so wäre, könnten wir auch froh sein, das aus dem „o“ kein „a“ wurde, aber egal, wir sind hier immerhin beim Economist und nicht bei einem schlüpfrigen Revolverblatt und das macht die Typo-Vermutung unwahrscheinlich. Vielmehr also so: „The debate is called a ‚wonkathon‘ by the Americans, who call their policy thinkers ‚policy-wonks‘.“ (Quelle) Und zu „wonk“ siehe hier