In der Frick Collection:
Wie von Neo Rauch, nur in gut
New York, 4. November 2008, 00:05 | von Dique
Bevor wir ins Theater zu den »39 Steps« gehen, sehen wir uns nach dem Frühstück noch die Frick Collection an, welche stark an die Wallace Collection in London erinnert und, wie ich später bei Wikipedia lese, wurde Henry Clay Frick, der die Kunstwerke zusammengetragen hat, in der Tat von einem Besuch in selbiger Sammlung zu seiner eigenen Kunstvilla inspiriert.
Auch die Themenwahl ist ähnlich, es gibt da einen Fragonard-Saal, viele dieser schönen pompösen englischen Portraits von Gainsborough, Lawrence und Reynolds, ein paar schöne Turners und gleich 3 Gemälde von Vermeer. Aber eben kaum Religiöses oder Militärisches, Themen, die auch der Marquis von Hertford nicht in seiner Sammlung haben wollte.
San Andreas erwähnte bereits das Thomas-More-Portrait von Holbein, welches das Publikum mitunter geschlossen auf die Knie fallen lässt, und gleich gegenüber hängt das vielleicht spektakulärste Werk der Sammlung, der »St. Francis« von Giovanni Bellini. Die New York Times schrieb dazu im Oktober 1915, kurz nachdem Frick es für $250.000 gekauft hatte [PDF]:
When the painting was shown in the Old Masters‘ Exhibition at Burlington House the London critics greeted it with enthusiasm. Sir Sidney Colvin said of it: »It is perhaps the most important page of imaginative landscape painting produced in Italy in the late fifteenth century, and, moreover, is wholly original and exceptional in its treatment of the theme.«
And original it is, in warmem gelblichem Ton, der heilige Franz steht aufrecht vor seiner Höhle, die ausnahmsweise hell und wohnlich erscheint und vor der sich ein eingezäunter Steingarten befindet, ein imposanter Esel steht auf der Wiese und man sieht sogar eine Schnur für die Türklingel. Im Hintergrund, gar nicht weit weg, ist die Stadt, und über den Himmel ziehen Kumuluswolken, farblich sieht es von weitem sehr modern aus, wie von Neo Rauch, nur in gut, und das um 1480.
Die gelbe Sonne spendet spätherbstliche Wärme, doch wir müssen ins dunkle Theater, »The 39 Steps«, wie erwähnt. In der Pause gehe ich zum Restroom, vor dem sich eine Schlange aufreiht. Vor mir ein freundlicher Herr im McCain-Outfit, graue Hose, marineblauer Blazer, und der sagt zu mir, in breitem amerikanischen Englisch: »It’s like a poker game!« – »Like a poker game?« – »Full house, waiting for a flush!«
Naja, zumindest das Stück war hilarious, aber das wissen wir ja schon von San Andreas. Wir gehen dann doch noch mal zum Central Park und stehen am Jackie Kennedy Onassis Reservoir und schauen aufs Wasser. Neben uns spricht irgendein Jogger mit zwei Frauen. Er verabschiedet sich gerade und ruft den beiden im Weggehen hinterher: »And please, if you possibly can, vote for Obama!«
Und wir waren noch immer nicht im Metropolitan Museum of Art …