Don’t Be Such a Tourist
London, 14. Dezember 2008, 20:14 | von DiqueLetzten Sonntag wie immer die FAS gekauft und dann nicht ein Stück davon gelesen, weil ich »Brideshead Revisited« von Evelyn Waugh nicht aus der Hand legen konnte.
Ein mindestens wundervolles Buch, und Waugh schreibt einfach superst. Es geht um eine Jungen-/Männer-Freundschaft in Oxford, der eine aus einer noblen Familie und der andere einfach nur normal wohlhabend. Es spielt Anfang 19.20. Jahrhundert und beschreibt den langsamen Verfall der Upperclass-Familie des einen Burschen. Es gibt aber verschiedene Zeitebenen und handelt in aller Welt, es ist also kein lahmes Oxford-Burschen-Drama.
Ok, lange Rede und extremst kurzer Sinn, eigentlich wollte ich nur meine Freude über dieses Zitat teilen:
»Oh, Charles, don’t be such a tourist.«
Das sagt Sebastian, als Charles bei seinem ersten Besuch auf Brideshead Castle wissen will, ob irgendein Dach der Familienkapelle zur gleichen Zeit wie das Gebäude erbaut wurde.
Mir passierte noch ein kleines Verhör-Malheur à la »Der weiße Neger Wumbaba«. Es gibt nämlich »Brideshead Revisited« als BBC-Serie (von 1981) und ich schaute mal in die erste Folge rein. Das sah alles sehr gut aus, Jeremy Irons spielt Charles Ryder, und auch Anthony Andrews als Sebastian Flyte scheint gut getroffen. Ich hielt es nur nicht lange durch, weil die Dialoge und auch der Off-Kommentar direkt dem Buch folgen, es also mehr oder weniger eine Bebilderung des gerade Gelesenen für mich bedeutete.
Jedenfalls dachte ich irgendwie, dass die nicht Brides–head sagen, sondern Bride–shead, und ich habe das einfach mal geglaubt. Bis ich dann später ein paar Leute traf, die gerade vom Christie’s Preview kamen. Sie hatten sich den 36-karätigen Blauen Wittelsbacher angesehen, der dort zur Versteigerung anstand.
Ich erntete jedenfalls ungläubige Lacher, als ich behauptete, dass es Bride–shead heißt und nicht Brides–head, und das war peinlich, zumal ich erst neulich mehrfach »Vril« verstanden hatte, wo doch einfach von »Drill« die Rede war.
Der Blaue Wittelsbacher kam dann ein paar Tage später unter den Hammer, für ca. 16 Millionen Pfund, das beste Ergebnis für einen Naturstein ever, und ich hoffe, wenigstens das stimmt jetzt so wie von mir behauptet.
Heute Morgen habe ich dann natürlich wieder die FAS gekauft, und auch diesmal wird sie wohl nicht so richtig gelesen werden können, denn die Konkurrenz ist auch heute gut, ich lese gerade endlich mal Lottmanns »Zombie Nation«, wegen dessen steigender literaturhistorischer Bedeutung.
Am 14. Dezember 2008 um 20:31 Uhr
Nette Geschichte. Die Handlung des Romans aber findet natürlich am Anfang des 20. Jahrhunderts statt. Das ist wichtig, weil die Hauptfigur sonst ja nicht im 2. Weltkrieg seine Aufzeichnungen machen könnte. ;-)
(Lese das Buch auch gerade..)
Am 15. Dezember 2008 um 00:21 Uhr
Ups. Aber diese Verwechslung passt eigentlich auch ganz gut zum Text, obwohl ich natürlich die Verantwortung, trotz Eigenverschulden, auf die Schlussredaktion schiebe. Danke fürs entdecken and enjoy the rest of the book.
Am 23. Dezember 2008 um 06:47 Uhr
Aaaah, wer hatte denn Dienst? Ich wahrscheinlich, also schuldigung Dique, den Fehler hätte ich ausmergeln sollen, ich war aber einige Tage untergetaucht, um GTA IV auf 100% completion zu spielen, das ist jetzt erreicht, was für ein Bildungs- und Entwicklungsroman dieses Spiel des Jahrhunderts, ach was sage ich, Jahrzehnts. Jetzt bin ich aber wieder da, Grüße aus dem Dresden unserer Zeit usw. usw.