Im Grand Palais
Paris, 23. Februar 2009, 17:02 | von PacoAls »musée éphémère« wurde die Besichtigung im Grand Palais im Figaro bezeichnet. Das kann man noch etwas genauer formulieren: Sehr sehr sehr ephemer war dieses kurzlebige Museum. Nur für eine zweieinhalb Tage lange Besichtigung wurde die Sammlung YSL/Bergé aufgebaut. Im Moment und noch die folgenden Tage werden die Einzelstücke vor Ort versteigert.
Fast das beste am Kurzmuseum ist der Opener, der im Zentrum zwischen den beiden Ausstellungsflügeln mit je 6 Salons steht: der etwas trotzig dreinblickende Marmor-Minotaurus. Wer sich für Werke und nicht für den Geschmack von Yves Saint Laurent interessiert (»Warum haben die beiden dieses Bild gekauft?«), ist ansonsten in 5 Minuten durch den Rest des Areals gerauscht.
Es gibt ein paar römische Torsi, ein paar schöne Ingres-Zeichnungen, ein paar gemalte Géricault-Kinder (und überhaupt kein einziges Géricault-Pferd!), zerbrochene Instrumente von Gris und Picasso, einen wirklich schönen Januskopf aus dem Primaticcio-Umfeld, zweimal Klee von 1932, das relativ gut gemalte (hehe) »Bord de rivière« vom Zöllner (I’m going out on a limb here, aber es sieht aus wie ein Christian Schad ohne Menschen), viel von James Ensor (davon ein herausragendes Bild).
Im Salon Augsbourg geht einem der Geschmack der Sammler zum ersten Mal richtig auf die Nerven, die Anhäufung von goldenen Tellern und Gefäßen wirkt wie eine besonders gelungene Kitsch-Installation von Jeff Koons.
Doch gleich im nächsten Raum, dem Salon Frans Hals, das Highlight des Umblätterers: ein Pieter de Hooch. Und zwar die »Jeune femme nourrissant son perroquet«, taxiert auf 200-300.000 Euro, ein Schnäppchen für dieses Meisterwerk.
Auch sehr interessant hinsichtlich unserer forthcoming Studie:
Kuck, was kommt von draußen rein. – Die Öffnungsgrade von Türen und Fenstern auf den Gemälden von Pieter de Hooch. In: …
Denn auf dem Gemälde ist zwar das nur knapp zu sehende Fenster untypischerweise verschlossen, und es gibt auch keine von Menschen benutzbare Tür. Dafür aber steht die Tür des Käfigs sperrangelweit offen, nach Messungen vor dem Original (etwas erschwert wegen der runden Form des Käfigs) ungefähr genau 90°. Diese offene Tür zum Papageienreich ist eine ganz hervorragende thematische Sublimierung im Spätwerk von de Hooch.
Mal sehen, wohin das Gemälde wegverkauft wird. Hoffentlich an ein schönes Museum mit schönem Museumscafé.
Am 5. März 2009 um 21:29 Uhr
« Quatre Géricault n’ont pas trouvé preneur de même qu’un Pieter de Hooch et un Antoine-Jean Gros. » (Nouvel Obs, 26. 2. 2009)
Die Werke haben jetzt den Makel des Verschmähtwordenseins, ich werde mal bei PB anfragen, wie viel er für den scheußlichen de Hooch noch haben will, hehe.
Am 6. März 2009 um 08:59 Uhr
Unglaublich, de Hooch braucht sofort einen Asylantrag, über irgendeinem Pissoir in der National Gallery oder so wird doch noch Platz sein.