Curb Your Michelangelo

London, 24. April 2009, 08:00 | von Dique

Das »Jen Cafe« kann nur dem Namen nach Kaffeehaus des Monats werden, es gibt jedenfalls keinen Kaffee. Es ist eine kleine chinesische Snackbar und hat sehr gute Beijing Dumplings. Dort sitze ich und lese eines dieser weißen Phaidon-Bücher, über Michelangelo, und neben mir sitzt ein amerikanisches Pärchen.

Ob ich denn wisse, dass Michelangelo auch Gedichte geschrieben habe, fragt mich der Mann, als er sieht, was ich lese. Später sagt er noch, dass er immer, wenn er in London ist, auf ein paar Dumplings ins Jen Cafe gehe, schon seit Jahren. Und noch später unterhalten wir uns kurz über »Curb Your Enthusiasm«, weil irgendetwas »Curb« war, ich habe nur vergessen, was. Ich rede sehr gern mit Amerikanern, weil wirklich alle Seinfeld kennen und zumeist auch »Curb Your Enthusiasm«. Mit Detailkenntnis, da muss man nichts erklären.

»Michelangelo, Bildhauer in Rom«, so unterschrieb er häufig seine Korrespondenz. Außerdem schrieb er Sonette, und manchmal war er ein Spaßvogel. Die kleine rororo-Bio (die ältere von Heinrich Koch, nicht die neuere von Daniel Kupper) bringt folgenden Auszug aus einem Brief an seinen Vater. Michelangelo ist in Bologna, wo die Pest tobt, und anscheinend hat ihm der Vater vorher brieflich einige altkluge Belehrungen über die Krankheit zukommen lassen, woraufhin er jetzt antwortet:

»Du schreibst mir von einem gewissen Arzt, Deinem Freund, der Dir gesagt hat, daß die Pest eine böse Krankheit und tödlich sei. Es ist mir wertvoll, das zu erfahren; denn hier grassiert sie stark, und diese Bologneser sind noch nicht dahinter gekommen, daß man daran sterben kann. Deshalb wäre es gut, wenn er hierher käme, denn sicherlich kann er sie durch seine Erfahrungen belehren. Das wäre für sie bestimmt äußerst nützlich.«

Usw.

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