Der Vermeer-Fälscher

Hamburg, 18. August 2009, 14:34 | von Dique

Ganz anders als der kürzlich hier besprochene Shaun Greenhalgh war Han van Meegeren ein Dandy und Lebemann. Wie Greenhalgh fälschte er Kunst, führte aber, ganz anders als der mit seiner Familie trotz großartigen Fälschungserfolgen in einer Sozialwohnung weiterlebende Brite, ein flamboyantes Dandyleben.

Han van Meegeren (1889–1947) fälschte niederländische Altmeister­gemälde, bevorzugt Vermeer. Er besorgte alte Pigmente, benutzte Dachshaarpinsel, malte auf zeitgenössische Gemälde von zum Beispiel Govaert Flinck oder mimte die Risse des sogenannten Krakelee durch eigens entwickelte Hitzebehandlungen der Malschicht.

Nachdem er dann der Meinung war, dass die Qualität seiner Vermeers gut genug sei, begann er sie auf dem Kunstmarkt anzubieten und machte schnell einen großen Deal mit dem holländischen Reeder und Sammler van Beuningen. Der kaufte ihm für über eine Million Gulden ein »Abendmahl« ab, vermeintlich von Vermeer.

Noch spektakulärer war einige Zeit später der Verkauf eines weiteren Vermeers, »Christus und die Ehebrecherin«. Dieser ging an den Lebemann unter den Nazigranden, an Hermann Göring, der über mehrere Kunstagenten europaweit Gemälde aufsaugte und ebenso diesen Vermeer ankaufen ließ.

Das Bild hing dann stolz in den Ausstellungsräumen von Carinhall, dem aufgedonnerten Jagdschloss in der Schorfheide, und Göring erfreute sich an diesem vermeintlich echten Vermeer vielleicht bis zu seinem jähen Ende. Es sei denn, er hörte im Nürnberger Gefängnis noch von Han van Meegerens Verhaftung. Man hatte nämlich bei einem Kunsthändler Unterlagen gefunden, die den Verkauf des angeblichen Vermeer-Bildes nach Deutschland bezeugten, und deshalb wurde er als Kollaborateur und Ausverkäufer nationalen Kulturgutes angeklagt.

Nun ging Han van Meegeren gewaltig der Frack. Er legte ein Geständnis ab, »ätsch, ich habe den fetten Göring verarscht, das war gar kein echter Vermeer, den habe ich doch selbst gemalt«. Ungläubigkeit machte sich breit, doch zum Beleg seiner Aussage malte er einen weiteren Vermeer, unter Beobachtung, im Gefängnis.

Die Qualität dieses Vermeers soll aber weit hinter der Qualität der im Umlauf befindlichen Vermeerfälschungen zurückstehen, und deshalb gibt es bis heute Zweifler, die davon überzeugt sind, dass mindestens einige dieser van-Meegeren-Vermeers echt sein sollen, obwohl die gegenteiligen Beweise recht offensichtlich sind.

Der frühe van-Meegeren-Käufer van Beuningen glaubte jedenfalls bis zu seinem Tod im Jahr 1955 daran, dass sein Vermeer-»Abendmahl« echt und van Meegeren ein Scharlatan sei. Und auch Göring muss seinen Selbstmord in der Überzeugung begangen haben, mal Besitzer eines der ganz wenigen Vermeers gewesen zu sein.

(Ich las über den Vermeer-Fälscher in Pierre Cabannes »Geschichte großer Sammler«, sehr schönes Buch übrigens. Ich habe mir jetzt noch für ein paar Cent ein Buch über van Meegeren bestellt, »Ich war Vermeer«, weiß aber nicht, ob ich das jetzt wirklich noch lesen soll und will.

Usw.)

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