Curb Your Enthusiasm: 7. Staffel, 3. Folge
Paris, 5. Oktober 2009, 13:27 | von Paco»The Reunion«
(4. 10. 2009 · HBO)
Bei allem Overexcitement darüber, dass in dieser Folge der komplette »Seinfeld«-Cast auftritt, könnte fast untergehen, dass auch »The Reunion« wieder einen äußerst fein gestrickten Handlungsgang in Szene setzt, der zu jedem Zeitpunkt stimmig ist. Und ganz nebenbei werden wieder zwei Alltagsmythologien diskutiert: Trinkgeldkoordinierung im Restaurant (tip coordination) und Laiendiagnosen (geh mal zum Arzt, könnte eine Borreliose sein).
Larry sitzt Zeitung lesend bei den Greens und unterhält sich mit Jeff, der beim Obstschneiden erwähnt, dass NBC wieder mal wegen einer »Seinfeld«-Reunion-Show angefragt habe. Dieses Eröffnungsgespräch kommt etwas plump und ein bisschen zu schnell daher, kürzt aber auch jedes Gewese um die Reunion ab, da wir ja eh alle wissen, dass es auf die ein oder andere Weise dazu kommen wird.
Kurz darauf findet ein Treffen bei NBC statt, ursprünglich nur, damit aus Larrys Munde ein für alle Mal ein klares, deutliches, ewiges »NO!!!« erschalle. Es kommt anders: Larry ergeht sich in einer romantischen Traumsequenz, in der er mit dem Skript in der Hand im Original-Set von »Seinfeld« steht und Cheryl bezirzt (der er offenbar wie versprochen einen Part hineingeschrieben hat). Danach treten die vier regulären Seinfelder hinzu. Alle loben Larry, es herrscht perfekte Set-Harmonie mit banalen, überflüssigen Verständnisdialogen:
LARRY: I got a couple of little things. Michael, loved the entrance, that slide, it’s working.
MICHAEL RICHARDS: Well, it’s making me a bit dizzy, but I’ll do anything for you, Larry.
Aaaahh, das ist selbst für einen kühneren Wunschtraum lächerlich seifig und schon da ist klar, dass das genaue Gegenteil folgen wird. Zunächst aber schreit Larry als Ergebnis dieser Träumerei heraus: »I’LL DO IT!« Und er fängt sofort an, die George-Figur autobiografisch weiterzuschreiben: »I have a pretty good idea for George, too. In the 11 years since the show’s been off the air, he’s gotten married and divorced and now he’s gotta try and get his wife back.«
Ohne Übergang folgt das Überzeugungsgespräch mit Jerry Seinfeld. Dieser trägt wie stets sehr schreckliche Klamotten auf. Er hat so einen schwarz-dunkelgrau gestreiften Pullover an, dazu die notorische Jeans und natürlich weiße Socken und Sneakers. Er sieht aus wie frisch aus den Achtzigern. Jerry bringt dann leider auch Meg Ryan als Georges Ex-Wife ins Spiel und torpediert damit Larrys einzigen Grund für die Reunion: Cheryl ans Set zu kriegen, auf dass sie sich wieder in ihn zurückverliebe.
Auch Jason Alexander bringt beim One-on-one-Gespräch sofort andere Kandidatinnen für die Rolle ins Spiel. Nach dem Essen kommt es dann auch zum Streitgespräch über die Koordinierung des Trinkgelds. Larry möchte genauso viel geben wie George, doch dieser lässt sich nicht in die Karten sehen, zahlt ohne weitere Informationen über die Höhe und macht sich davon. Eine schöne Comme-il-faut-Szene, die sich später noch fortsetzt.
Beim zweiten Besuch desselben Restaurants (diesmal mit Kramer-Darsteller Michael Richards) stellt sich durch umständliches Gestenspiel mit dem nicht ganz aussagewilligen Kellner heraus, dass Alexander evtl. über 30 Dollar Trinkgeld gegeben hat, Larry dagegen nur 12. (Die Frage ist natürlich: Warum? Alexander wollte Larry vielleicht einfach nur schlecht aussehen lassen. Dazu passt, dass er vorher zum wiederholten Male die unloveable, jerky, schmucky, unappealing, selfish, stupid George-Figur beleidigt hat und damit mittelbar auch deren Vorlage, Larry selbst.)
Michael Richards kann Larrys Darlegung der Reunion-Pläne dann überhaupt nicht folgen, da er von den artsy Pinup-Bilder an den Wänden abgelenkt ist. Richards spielt dabei ein Kramer-artiges Irritiertsein und verabschiedet sich dann recht unvermittelt, so wie Kramer das in »Seinfeld« öfters getan hat. Für die Kramer-Figur unterbreitet Larry übrigens die Idee, to pick up a hooker so he could use the carpool lane, eine Idee, die aus »Curb« selbst stammt (Folge 4.06). Auch Elaine will er mit einer solchen selbstreferenziellen Anekdote ködern (Meta-Meta-Meta-Alarm): »A little girl asks you to give her doll a haircut, and you give her the haircut, and she finds out it doesn’t grow back, and she freaks out.« (vgl. Folge 2.07)
Außerdem wird in dieser Episode die Basketball-Motivik aus Folge 2.08 (»Shaq«) wieder aufgegriffen: Larry und Jeff werden nach dem beschlossenen Deal von NBC mit Karten für die Lakers eingedeckt. Die beiden Plätze sind allerdings billig und befinden sich am obersten Rand der Halle, von wo aus kaum etwas zu erkennen ist. Den NBC-Chef Sandy Goodman sieht Larry direkt unten am Spielfeldrand sitzen und wählt daraufhin vorwurfsvoll dessen Nummer. Mit dem Fernglas eines Sitznachbarn sieht er, wie er von Goodman weggedrückt wird und sagt ihm nach dem Spiel »to go fuck himself«.
Der Reunion-Deal scheint geplatzt und höchstens noch durch eine Entschuldigung Larrys möglich zu sein. In Gedanken an Cheryl entscheidet er sich dafür: »I’m gonna hate myself more than normally.« Letztlich wird das Vorhaben aber dadurch gerettet, dass Larry dem NBC-Goodman eine Laiendiagnose auf Borreliose (Lyme disease) stellt. Ein Motiv vom Anfang dieser Folge, als er Susie dieselbe Diagnose gemacht hat und dadurch, so Jeff, ihr Leben gerettet habe. Dass er später dafür Dank bei Susie einklagt, führt zu einer der üblichen Yelling-Dialoge.
Die »Seinfeld«-Zusammenführung scheint jedenfalls gerettet, gleichzeitig beginnt Larry aber die Kontrolle über seinen Masterplan zur Rückgewinnung von Cheryl zu verlieren: Jerry trifft zufällig Meg Ryan und bietet ihr, wie angekündigt, auf eigene Faust die Rolle als Georges Ex-Wife an. Sie sagt auch sofort zu, und Jerry ruft krächzend ins Telefon: »Show’s back on! Meg Ryan’s in! We’re gooold!« Konsternierter Larry-Blick, Ende.
Der Umblätterer über andere »Curb«-Episoden:
Season 6: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10
Season 7: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10
Am 5. Oktober 2009 um 21:45 Uhr
You don’t believe in tip coordination, is that it? – großartig, und erinnert an die szene aus reservoir dogs, in der mr. pink sagt „i don’t tip. i don’t believe in it“
Am 5. Oktober 2009 um 23:01 Uhr
Sehr, sehr gute Folge. Wirklich dermassen spritzig durchkomponiert, herrlich mit anzusehen. Die Larrys Curb-Life betreffenden Selbstreferenzen, die Konflikte mit den Seinfeldern, herrlich diese Abrechnung, Tip, Kindergeburtstag und dann kommt Kramer und weiß von nichts, findet die Idee aber gleich geil. Und dann der geile Grund, LD startet dieses Riesending, das er nie wollte, das er hasst, um Cheryl zurückzugewinnen. Grandiös. Monströs. CURB.