Curb Your Enthusiasm: 7. Staffel, 6. Folge
Paris, 30. Oktober 2009, 12:00 | von Paco»The Bare Midriff«
(25. 10. 2009 · HBO)
Meg Ryan kann nicht, Jerry bringt deswegen Lisa Kudrow und Renée Zellweger ins Spiel. Es geht um die Rolle für Georges Ex-Wife in der »Seinfeld«-Reunion-Show. Larrys Masterplan ist ja die Rückgewinnung von Cheryl durch die Vergabe der Rolle an sie, deswegen wehrt er die Vorschläge von Jerry ab.
Während die beiden »Seinfeld«-Creators vor sich hin disputieren, schneit die Assistentin Maureen ins Zimmer, samt ihrem sehr barock freiliegenden Midriff, auch bekannt als love handles, rouleau de gras oder ganz einfach: Hüftspeck. Als Maureen sie wieder verlassen hat, beflüstern Jerry und Larry angewidert das Midriff-Problem. Jerry, immer schon der geborene Nicht-Schauspieler, grinst sich durch diesen Dialog wie in alten »Seinfeld«-Zeiten. Nach einem Münzwurf muss Larry nun Maureen auf das Problem ansprechen, die entrüstet ihren Job kündigt.
Schnitt. Jerry und Larry in Izzy’s Deli. Ein Kristallisationspunkt des »Seinfeld«-Mythos. In dieser Konstellation, in den Booths von New Yorker Cafés, ist Ende der Achtziger die Show entstanden. Beide sitzen herum, essen Burger, trinken Kaffee und ergehen sich in einer Konversation irgendwo zwischen Alltagsmythen und Kleinlichkeiten.
Julia/Elaine hat diesmal nur einen funktionalen Kurzauftritt und muss sich entsetzt zeigen über die Kündigung von Maureen, weil deren Mutter mal als Babysitterin für sie gearbeitet habe und mentally unstable sei, vielleicht sogar suicidal. Larry soll die Midriff-Kündigung daher lieber wieder rückgängig machen.
Dann ein geiler Szenenbeginn: Larry sitzt, Maureen steht, und Larrys Gesicht spricht quasi mit dem entblößten Hüftspeck. Irgendwann tritt Maureens Mutter auf und kriegt einen Hotflash, weil Larry genauso aussehe wie ihr 1962 ermordeter Ehemann (dieser Erinnerungskurzschluss erinnert an die Folge 3.01, »Chet’s Shirt«).
Es folgt ein für »Curb« sehr ungewöhnlicher Flashback. Larry sitzt als verjüngte Kopie seiner selbst mit Hut und frisch angetrauter Ehefrau im Auto, singt und raucht, auf dem Weg in die Flitterwochen. Ein anderer Wagen schiebt sich vor ihn, Mittelfinger werden gezeigt, beide Wagen halten, beide Fahrer steigen aus, eine Diskussion folgt, und dann wird auf die Larry-Kopie solange mit einem Brecheisen eingedroschen, bis Blut spritzt.
Nach dieser Geschichte verabschiedet sich Larry erst mal zum Bathroom. Er pisst im Stehen, und ein paar Querschläger springen auf das Jesus-Bild, das rechts neben dem Klo hängt. Direkt unter dem rechten Auge des Heilands kleben nun gelbe Tränen, was ein bisschen an den weinenden Christus von Antonello da Messina erinnert, der im Louvre hängt.
Als die beiden Frauen später dieses Wunder sehen, knien sie nieder und beten. Zusammen mit ihrer Mutter und der Reliquie will Maureen jetzt das Land durchqueren und kündigt wiederum bei Jerry und Larry.
Ein weiteres Thema in dieser wieder prallvollen Folge ist die Servietten-Politik. Beim Takeaway-Italiener wird Larry untersagt, sich mehr als zwei Servietten mitzunehmen. Aus Trotz packt er eine Extraladung Papiertücher dazu und wird später deswegen von der Polizei angehalten. Das ist völlig überzogen und unrealistisch, aber einfach sehr gut gemacht und zuende geführt, inkl. Gegenüberstellung auf dem Revier.
Maureens Mutter (mit der Larry eine Verabredung wegen der Bürgschaft für den Jesus-Tourbus hatte) holt ihn vom Revier ab. Und dann wiederholt sich die traumatische Szene aus ihren Flitterwochen. Diesmal ist es Richard Lewis, der sich vor Larrys Wagen schiebt. Wieder steigen beide aus und diskutieren die üblichen Missverständnisse. Lewis holt sein Geschenk aus dem Kofferraum, einen Joe-DiMaggio-Baseballschläger. Für die Alte im Wagen muss das wie das Brecheisen wirken, dem einst ihr Mann zum Opfer fiel. In einer Kurzschlussreaktion springt sie auf den Fahrersitz, fährt auf Lewis zu und schickt ihn damit ins Krankenhaus.
In der Schlussszene sehen Maureen & Mutter, wie Larry am Bürohaus Wasser abschlägt, und ein Tropfen landet bei Maureen im Gesicht. Den beiden geht auf, wie ihr Jesus-Gemälde zu weinen begonnen haben muss. Die selbstmordgefährdete Mutter steigt aufs Dach und will springen. Larry stößt sie zurück, kippt dabei rücklings weg und kann sich nur knapp festhalten – an Maureens schwabbelndem Hüftspeck.
Der Umblätterer über andere »Curb«-Episoden:
Season 6: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10
Season 7: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10
Am 31. Oktober 2009 um 02:28 Uhr
„Rouleau de gras“…
Im verlinkten Artikel lese ich, dies sei die wortwörtliche Übersetzung von „Speckrolle“. Keineswegs! „rouleau de gras“ wäre eigentlich etwa „Fettrolle“, „Speckrolle“ heisst definitiv „rouleau de lard“. Was nicht nur genauer das Deutsche übersetzt, sondern auch ungemein schöner und skurriler klingt. Ab jetzt sage ich nur noch so. „D’amour mourir me font, chère marquise, vos beaux rouleaux de lard.“ Herrlich!
(Den französischsprechenden unter ihnen würde ich auch gern raten, anstatt blöderweise nur „bourrelets“ oder, schlimmer, „poignées d’amour“ zu sagen, das schöne, herrlich veraltet und volkstümlich klingende Wort „clinquettes“ zu gebrauchen. Auch echt schön, und gewiss nicht im zweisprachigen Wörterbuch zu finden. Na ja, vielleicht auch nur regional, aber schliesslich komme ich aus Lyon, und was Speck betrifft, gelten wir immer noch als Kenner…)
Am 13. November 2009 um 18:06 Uhr
Sehr schön, Niwoabyl. Bin gerade in Lyon und wäre sehr dankbar, wenn du ein paar Ratschläge und Tipps zur Stadt geben könntest. Beispielsweise die Bouchons: was sollte man da (sollte man überhaupt?) bestellen? Und, allgemeiner, welche Autoren sollte man lesen, wenn man sein, durch Schule und Studium erworbenens, Anfängerfranzösisch aufbessern möchte?
Am 23. November 2009 um 01:29 Uhr
Ah, entschuldigung, in letzter zeit lebte ich ganz ohne internetanschluss, deswegen die verspätung…
Und klar, ratschläge und tipps zur stadt, sehr gern, auch zu möglichen lektüren auf französisch… Ich habe einfach Paco gebeten, dir meine email-adresse zu schicken, dann können wir ordentlich davon sprechen, falls dir danach ist. (ich bin auch im moment die meiste zeit in lyon, falls du dort eine weile bleibst…)
Am 23. November 2009 um 21:20 Uhr
De rien (usw. usf.), hätte auch meine richtige Adresse angeben sollen, desolé. montagueterraceinblue at gmail punkt com.