Lars-Oliver Frökel: Von einem Bett zum andern
sine loco, 18. November 2009, 17:20 | von Guest StarDer 2005 erschienene Band »Unsere Popmoderne« von Marc Degens präsentiert 28 Auszüge aus fiktiven Werken der Gegenwartsliteratur mit kurzen Erläuterungen zu Autor und Wirkungsgeschichte. Unser Lieblingstext ist das hier folgende erotische Käsegedicht eines übereifrigen Ex-Thomaners.
Eine erweiterte Neuausgabe des Buches ist für 2010 im Verbrecher Verlag geplant.
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Die Stühle bilden ein Quadrat Ein kleiner, runder Beistelltisch steht im Schnittpunkt der Diagonalen Die Hände der Frauen sind mit Elektrokabeln hinter den Lehnen zusammengezurrt ihre Füße mit Stricken an die vorderen Stuhlbeine gefesselt Auf leisen Sohlen schleiche ich durch die Waschküche trete zum Tisch in die Mitte des Frauenquartetts und lasse meinen Blick schweifen Die Frauen atmen flach und erwartungsvoll vielleicht gar erregt Ihre Gesichter sind mir zugewandt ihre Augen mit Seidentüchern verbunden Ich genieße das Stilleben die reglosen Körper im Geist rufe ich ihre Vornamen Auf der Tischplatte liegt eine gelbe, bleiche, viereckige Käsescheibe nackt von keiner Hülle geschützt. Ich nehme sie in meine Hand und prüfe mit den Fingerkuppen ihre Beschaffenheit Das Käsestück fühlt sich künstlich an unecht wie ein Streifen Kautschuk oder ein zu weiches Radiergummi Ich habe meine Wahl rasch getroffen und trete zu der Frau im langen, schwarzen Kleid deren Mund ein Stück weit geöffnet ist so daß ich ihre obere Zahnreihe sehen kann In aller Ruhe pirsche ich um den Stuhl beäuge sie von allen Seiten in immer engeren Kreisen Sie spürt meine Anwesenheit merklich von Minute zu Minute beben ihre Brüste heftiger ihr Atem wird gepreßter sie schluckt arg und aufgebracht Ich stelle mich vor sie schiebe mit den Fingerspitzen die schulterlangen, kupferbraunen Haarsträhnen aus ihrem Gesicht und entblöße die sonnverbrannt fleckigen Wangen Hernach rolle ich die Käsescheibe zusammen der Silberring an ihrem Ohrläppchen zittert ihr Atem stockt und scheint für einen Moment sogar zu versiegen Mit der Spitze des Käsestücks streichele ich sanft beinahe ohne Berührung ihre Stirn Vorsichtig tupfe ich ihre Haut wandere an ihr hinab bemale episodisch den Nacken das Kinn ihre Wangen Sie erschaudert bei jeder Berührung zittert zuckt und meidet die Treffen Bestimmter herze ich nunmehr ihre Haut der Käse gleitet langsam über jede Pore wird stetig schlaffer und sämiger Ihre Wehr erstirbt schlagartig unterbreche ich die Verbindung isoliere sie entrückt harrt ihr Kopf in stummer Erwartung um sich endlich als ich sie wieder berühre wie selbsttätig und mit aller Kraft in mein Gekose zu stemmen Ich wische ihr Fleisch Der Käse klebt und seift hinterläßt eine molkige Spur nicht Butter, nicht Wachs Entschlossen umkreise ich nunmehr ihre Lippen begierig öffnet sich der Mund die Zunge schnellt hervor und sucht das Labnis Ich locke sie spiele mit ihr kurz küßt der Köder die Glut entflammt einen Vorgeschmack sie schwärmt und erlebt in Gedanken bereits die Erfüllung Krankhaft buhlt sie um das Geschenk schmust nach Genuß flau und vergebens Ich rolle die Käsescheibe auseinander presse sie an ihre Stirn an ihr Kinn drücke sie fest auf ihre linke und rechte Wange Schlußendlich verhülle ich ihre Lippen Ihr Mund springt auf klafft auseinander die Zunge trachtet nach dem Schlemmen sie schlingt hungrig, gierig und geizig der Käse verschwindet im Krater
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Das erotische Traumtagebuch Von einem Bett zum andern des 19 Jahre alten Leipziger Gymnasiasten Lars-Oliver Frökel verkaufte sich in den ersten vier Monaten nach Erscheinen bislang über zehntausendmal und gilt als die literarische Entdeckung der diesjährigen Frühjahrsbuchsaison. Die Frauenzeitschrift Mademoiselle wählte Lars-Oliver Frökel kürzlich zum »hübschesten Schriftsteller Deutschlands«, und ab November wird der ehemalige Thomaner-Chorknabe die Lifestyle-Sendung Glam des Kölner Musiksenders Viva moderieren. Zehn der achtundzwanzig Traumaufzeichnungen aus Von einem Bett zum andern werden derzeit für die ARD verfilmt, Regisseure der TV-Folgen sind unter anderem Detlef Buck und Sönke Wortmann.
Lars-Oliver Frökel: Von einem Bett zum andern