Tobias Wimbauer
Hamburg, 6. Dezember 2009, 21:43 | von DiqueTobias »téwé« Wimbauer beim Twittern zuschauen ist wie Joachim Lottmann lesen, ist wie Guido-Knopp-Dokus schauen. Alles eigentlich ungehbar und höchst zweifelhaft, aber auf diese streng antiaufklärerische Weise süchtig machend. Es handelt sich um eine dieser »Unwürdigen Lektüren«, über die Autoren in der Literaturzeitung »Volltext« immer berichten.
Paco und ich verbringen ganze Skype-Abende damit, abschätzig und missbilligend téwés neueste Twittermeldungen zu rezitieren. Unser Vokabular steigert sich dabei schnell zu unveröffentlichenbaren Tiraden. Und doch bringen wir Stunden damit zu, und jetzt ist es soweit. Jetzt müssen wir bekennen, dass Tobias Wimbauers jüngstes Online-Schrifttum unsere Courths-Mahler ist, unser 64-Seiten-Groschenroman.
Wir können nicht anders, wir müssen das lesen, immer wieder, eine Herauslöschung aus den Bookmarks und dem Browser-Cache hat nichts gebracht. Der Wimbauer-Fun ist ein Stahlbad, wir wissen das, in klaren Momenten handeln wir auch danach, tippen dann aber doch wieder eigenhändig die Adresse nach, twitter dot com slash wimbauer.
Wie aus dem aufsteigenden Ernst-Jünger-Forscher ein twitternder Biokoch wurde, das ist eine der schärfsten Volten der bundesrepublikanischen Geistesgeschichte. Vom einsamen Wolf, der wegen »Grössenwahn, Samenstau und grandios überzogenem Konto« auch mal für die »Junge Freiheit« schrieb, ist einer der beliebtesten Twitterer Deutschlands geworden. Es ist unglaublich, wie er das durchhält und stetig seine kulinarischen Tageskreationen durchzwitschert, am besten gleich mit Twitpic:
»Heut gab’s Gnocchi in Basilikum-Mascarpone-Sosse mit frischen Tomaten und Käse überbacken, alles 100%bio wie im«
Diese Meldung, erschienen vor zwei Stunden, ist wegen der Zeichenlimitierung hinten etwas abgehackt, aber wir wissen eh alle, was da stehen muss, »alles 100% bio wie immer«. Kurz vor dieser Bekanntgabe des Speiseplans hat téwé auch mal wieder seinen Hang zur Nascherei bewiesen, aber auch hier bitte nicht Ritter Sport, sondern Bioschokolade:
»Extrem lecker ist übrigens die handgeschöpfte Buttercaramel-Schokolade von Zotter«
Ja, und dann noch der liebe Wein: »Im Glas: 2007er Spätburgunder/Dornfelder von Zwölberich«. Biowein, natürlich, der gern auch mal überschwänglich attribuiert wird: »zum Niederknien«. Das ist alles zusammen genommen ähnlich inhaltsfrei wie das »Libro Mio« von Pontormo, in dem es ja auch vorderhand um die Einnahme von Nahrungsmitteln geht. Der späte Pontormo, der mittlere Wimbauer, Brüder im Geiste. Der eine hat zwischen den Mahlzeiten an ein paar Fresken herumgemalt, der andere katalogisiert in den wenigen verbleibenden Minuten Bücher und gibt einen Jünger-Newsletter heraus.
Vor Monaten haben wir mal die Idee besprochen, Wimbauers Beiträge zur Gebrüder-Jünger-Forschung mit seinen Twittereien parallel darzustellen. Als Online-Autor ist Tobi Wimbauer jedenfalls die Fleisch gewordene naive Dichtung im Schiller’schen Sinn. Er twittert über Biowein in einer Weise, wie das sonst nur unverbildete griechische Schafhirten in der vorhomerischen Zeit hingekriegt haben würden.
Gunther Nickel schrieb mal in seiner Rezension zu Wimbauers »Personenregister« der Jünger-Tagebücher, der Registermacher »hätte sein Studium doch besser beenden sollen. Und gut wäre sicher auch gewesen, seine Einleitung wäre vor ihrer Drucklegung gegengelesen worden.« Falsch, ganz falsch. So wie der Erzähler in Helmut Kraussers »Durach« sein Studium abgebrochen hat, um sich »nicht Freizeit und literarischen Stil mit einer Magisterarbeit zu versauen«.
Tobias Wimbauer hat den Zustand schreiberischer Glückseligkeit erreicht. Seine Twittermeldungen werden einmal historisch-kritisch ediert werden müssen, und das unverstandene Schlimme daran ist: Wahrscheinlich werden wir selbst den DFG-Antrag dazu durchboxen, obwohl wir das – so werden wir jedenfalls immer behaupten – gar nicht gewollt haben können.
Am 6. Dezember 2009 um 22:05 Uhr
Hoffentlich ist er nicht gerade auf „Ausritt“, sonst liest er’s womöglich gar nicht. :-)
Am 6. Dezember 2009 um 22:12 Uhr
https://twitter.com/wimbauer/status/6410265863
https://twitter.com/wimbauer/status/6410107004
*Knicks*
Am 7. Dezember 2009 um 10:24 Uhr
Wem sagste das. Nicht umsonst steht @wimbauer auf meiner Twitter-Liste „Nie mehr ohne“. Hach!
Am 14. November 2010 um 18:43 Uhr
Viel Lärm um Nichts…
Zum Wochenendeende sei noch ein Verweis auf eine andere Seite im Netz gegeben. Bekanntermaßen lebt das Zwischennetz ja genau von diesen Verknüpfungen. Dem seien aber noch einige einleitende Worte vorausgeschickt. Ich kann unmöglich auf den Blog von …