Musil to Zweig: »Drop dead!«

Lyon, 24. Februar 2010, 14:04 | von Charlemagne

Ab und zu, wenn ich nicht gerade neuere deutsche Literaturgeschichte in Harlem zusammenflicke, lese ich die »London Review of Books«. Die liegt hier immer herum, selbst die fünf ältesten Ausgaben sehen aus, als wären sie nie gelesen worden und so kann man ein paar schöne Stunden verbringen.

Zunächst hatte ich auch etwas Interessantes darin gefunden, hatte aber keine Einleitung. Nachdem die Einleitung hier aber alles ist, bin ich aus dem Lesesaal ins Leben, in der Hoffnung, über eine schöne Einleitung zu stolpern.

Als ich dann vor ein paar Minuten an einer Französin vorbeiging, die sich eine Pepsi aus dem Automaten zog, dachte ich mir, Wahnsinn, großartig, endlich muss ich nicht mehr über eine Einleitung für diesen wunderbaren Satz aus dem Artikel von Michael Hofmann, »Vermicular Dither«, nachdenken und kann ihn hier einfach zitieren (LRB, Vol. 32 No. 2):

»Stefan Zweig just tastes fake. He’s the Pepsi of Austrian writing.«

Wie Michael Hofmann da, angesichts der Neuübersetzung von »The World of Yesterday«, mit Stefan Zweig abrechnet, großes Vergnügen. Am schönsten ja, wie sich selbst Robert Musil von Zweig nicht nur die Laune, sondern ganze Kontinente verderben lässt:

»The veteran Germanist Hans Mayer remembers a visit to Musil in Switzerland in 1940; Musil couldn’t get into the USA, and Mayer was suggesting the relative obtainability of Colombian visas as a pis aller. Musil, he wrote, ›looked at me askance and said: Stefan Zweig’s in South America. It wasn’t a bon mot. The great ironist wasn’t a witty conversationalist. He meant it … If Zweig was living in South America somewhere, that took care of the continent for Musil.‹«

Eine alte Anekdote, klar, aber man kann sie ja ab und an mal wieder hervorkramen, so wie das eben Anekdoten-Hofmann in der LRB gemacht hat.

Usw.

4 Reaktionen zu “Musil to Zweig: »Drop dead!«”

  1. Dumbledore

    Sehr schön ausgegraben, aber eine Frage bleibt: Wer ist denn die Coca-Cola der österreichischen Lit.?

  2. Charlemagne

    Arthur Schnitzler? Schnitzel mit Coca-Cola? Für mich mit Grünem Veltliner, aber mit Nachdruck: Schnitzler!

  3. Charlemagne

    „Jugend in Wien“ ist übrigens auch das bessere Buch. „Die Welt von Gestern“, das klingt doch schon, als hätte jemand den Originaltitel in langweiliges Kinotiteldeutsch übersetzt.

  4. Antonius REY

    Carl Zuckmayer (1966):
    „Stefan Zweig, war ein ausgesprochener Katalysator: unerschöpflich seine Freude, Menschen, von denen er etwas hielt, zusammenzubringen (…)„ (Zuckmayer: Als wär’s ein Stück von mir. 1966, S. 60) –
    Ein „Katalysator“ …- der Begriff stimmt auch für Leutchen, die sich mit ZWEIG, einem Ast am Baum der Menschheit, beschäftigen: aus Anekdoterei, UnWillen … – sich was zusammenzutricksen, ob Pepsi, ob Coke – Schnurz&Furz. Aber keine Beschfitung mit den Original-Schriften! – ZEIT .. zu lesen – ist geWesen, perdu!

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