Mad Men (3. Staffel, AMC)

Paris, 18. Oktober 2010, 07:48 | von Paco

(Übersicht: Alle 10 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Ja, ich weiß, gestern hat bereits Season 4 geendet, aber hier doch noch mal kurz zu Season 3, denn die gab uns endlich den Anagnorisis-Moment, auf den die gesamte bisherige Handlung zulief. Denn in der Waschmaschine rumpelte mit der Wäsche ein vergessener Schlüssel­bund mit. Betsy fischt ihn heraus und kann nun Dons Geheimschublade öffnen, wo sie die Scheidungsdokumente eines Don Draper findet und Hinweise auf Dons andere Identität als Dick Whitman. BOOOM! (Folge 11)

Parallel zum Kennedy-Mord fasst Betsy dann einen Entschluss. Sie besteht auf der Scheidung von Don und gibt den Avancen des herrlich graumelierten Henry Francis nach. Dass Betty nun tatsächlich mal handelt, ist schon ein ziemlicher Schritt, eventuell sogar in Richtung Moderne. Vorher waren ihre zittrigen Hände und Halluzinationen Szenen ohne dramaturgischen Zweck, reines Stimmungstheater, was aber natürlich okay ist.

Bettys Entscheidung lässt dann das Handlungsgefüge nachhaltig erzittern, und das dürfte jeden vom Hocker gehauen haben, denn eigentlich tritt »Mad Men« mit seinen Figuren schon sehr auffällig auf der Stelle, viele Sachen schwelen nur im Hintergrund, ohne dass es zu Eruptionen zwischen den Charakteren kommt. Dieses Nicht-von-der-Stelle-Kommen bei eher konservativ angelegten Twists (»Ehebruchs­probleme und Bürointrigen«) meinte Tobias Rüther, als er Ende Juli in der FAS schrieb: »Die Serie ist todlangweilig. Aus Pappe geklebt, ein Studioalbtraum, konstruiert und banal.« (FAS, 25. Juli 2010, S. 21, nicht online)

Angesichts solcher Befunde, die ja schon irgendwo auch zutreffen, überrascht dann die 3. Staffel doch öfters mal: Denn neben dem beschriebenen Erkenntnismoment in der Don-&-Betsy-Geschichte gab es auch noch eine knallblutige Szene im Büro, als ein so nerviger wie aufstrebender Jungbrite mit dem Rasenmäher (Testfahrt!) den Fuß abgefahren kriegt. Die Sterling Coopers machen Scherze darüber (»he might lose his foot, right when he got it in the door«), während dahinter an den Milchglasscheiben die Blutspritzer abgewischt werden. (Folge 6)

Neben dem Kennedy-Attentat, einem vor allem auch Fernsehereignis (im Hintergrund ist sogar Willy Brandt mit seiner Kondolenzmeldung zu sehen, Folge 12) gibt es weiteres Zeitkolorit: Die Martin-Luther-King-Rede schwappt mehrmals aus dem Radio, und außerdem sehen wir, wie Lee Harvey Oswald vor laufender Kamera erschossen wird.

Am Ende herrscht Aufbruchstimmung in der Madison Avenue. Sterling Cooper darf noch das 40. Firmenjubiläum feiern. Und dann beginnt die Flucht nach vorn, so ein bisschen Ocean’s-Eleven-Stimmung brandet auf, vor einem Weiterverkauf der Company sortieren sich die Partner neu, kaufen sich aus der Britenfirma heraus, nehmen dabei noch alle möglichen Kunden mit und plündern das Office.
 

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