Massakerminiaturen (5)

Berlin, 23. Mai 2011, 20:58 | von John Roxton

Was hatten sie diskutiert mit den Schlipsheinis von der Leitung. Die Fahrgeschäfte am Kai machen ja auch nicht dicht wegen bisschen Wind. Sie bestanden darauf: Ausschalten! Die rumänischen Schaler wollten aber vor dem Wochenende nicht unterbrechen, sondern fertig werden und dann heim zum Schnaps in die Karpaten oder gottweißwo. Kann man verstehen. Der Alte von den Rumänen bekniete ihn persönlich. Also hat er den Alimak doch noch eine halbe Stunde angelassen, damit die Bande hoch auf die Konstruktion konnte, um den letzten Beton zu machen. Jetzt hat er dieses weiche Gefühl im Steiß, das Gefühl vom frühen Morgen, wenn man die erste Platte oder den ersten Sack Gips im Rohbau die Treppe raufschafft. Weich von hinten die Beine runter und in den Magen hoch. Kreislauf. Atmen. Der Aufzug wurde von einer Bö erfasst und von hier oben sah es aus wie ein Jojo, das über die ganze Breite des Hafenpanoramas schwingt. Der Aufschlag war nicht zu hören. Oder er hörte ihn nicht. Er dachte an den Papierkram, der jetzt bis rüber nach Rumänien zu erledigen war.

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