Lass uns wandern, lass uns schiffen!
München, 20. April 2012, 08:58 | von Guest Star
Liebe Umblätterer,
warum nehmt Ihr euch nicht einmal Friederike Kempners, der »schlesischen Nachtigall«, an, deretwegen Alfred Kerr seinen Geburtsnamen Kempner änderte, weil sie »die schlechtesten je auf diesem Planeten bekanntgewordenen Verse« geschrieben habe (Wikipedia)?
Während dort der Wolkensturm
Über Meer und Länder fährt,
Pickt ganz leis der Totenwurm –
Wer ihn wohl das Picken lehrt?Viele Grüße aus München
Euer Claudio
Am 20. April 2012 um 10:01 Uhr
Das ist ja hier wie bei Fragen-Sie-Reich-Ranicki !
Gute Frage,mehr davon !
Am 20. April 2012 um 11:25 Uhr
Wohl des Planeten – das schlechteste Gedicht des Universums hat ja bekanntlich Paula Nancy Millstone-Jennings aus Greenbridge, Essex, England geschrieben.
Am 20. April 2012 um 11:47 Uhr
Yeah! „Ein Leichenhaus, ein Leichenhaus, so rief sie voller Freuden aus!“ – „Dunkel war die Nacht, Kind im Grab erwacht…“ – es ist wissenschaftlich erwiesen worden (von Prof. Dr. Gunther Witting in seinem Aufsatz über den sogenannten Intentionalitätstrugschluß), dass es sich bei Friederike Kempner und engagierte politische Lyrik handelt und nicht etwa um Komik!!! Sie setzte im alten Preußen die einführung von Leichenhäusern durch, damit kein Scheintoter mehr unter die Erde mußte.
Am 20. April 2012 um 12:37 Uhr
„Ihr wißt wohl, wen ich meine / Die Stadt liegt an der Seine“
Grossartig!
Am 20. April 2012 um 12:39 Uhr
Ohnehin: Die Kulturgeschichte der Taphephobie – ein lohnendes Thema! Die Angst vor dem Scheintod wurde etwa dadurch befördert, dass man in geöffneten Särgen Kratzspuren gefunden hatte. Man denke nur an Dostojewski, der neben seinem Bette stets mittels Notiz befahl, man solle ihn erst nach soundsoviel Tagen begraben.
Der Scheintote
Friederike Kempner
Und er schlief und schlief so lange,
Daß ihn keine Macht mehr weckte –
Unsichtbar bei Grabgesange
Sich der Totgeglaubte – streckte!
Am 20. April 2012 um 15:28 Uhr
Leider ist die Friederike-Kempner-Gesellschaft e.V. (gegründet 1989) sanft verschieden wie einst der faule Hindu aus Kempners „Indischem“:
Im Gebüsch gestreckt
Ruhet Hindu faul,
Gift’ge Schlange leckt
Gierig sich das Maul.
Nimmt erst Anlauf dann
Springt auf Hindu ein,
Schlägt dem armen Mann
Giftzahn ins Gebein.
Hindu fliehen will –
Glieder sind verkrampft –
Bet’t zu Buddha still
Und verscheidet sanft.
Am 20. April 2012 um 17:47 Uhr
Wobei letzteres offenbar eine Parodie ist – zumindest laut dem wohl amüsantesten je auf diesem Planeten bekanntgewordenen Wikipedia-Artikel.
http://de.wikipedia.org/wiki/Friederike_Kempner
Am 20. April 2012 um 19:23 Uhr
Abgesehen von allem anderern: Friederike Kempner trägt den Beinamen „der schlesische Schwan“.
Am 20. April 2012 um 22:06 Uhr
Und sie schrieb und schrieb so lange,
Bis sie keine Macht mehr stoppte.
Leider nicht viel von Belange
weshalb man sie später foppte
Am 20. April 2012 um 22:12 Uhr
„Dies wißt ihr ebenso / Die Stadt sie liegt am Po“
Am 26. April 2012 um 08:12 Uhr
Also das folgende Gedicht ist wohl nicht im Internet zu finden, aber – wie ich finde – Friederikes größter Kracher:
Mir egal
Ob auch Köter bellen
Und mir Fallen stellen,
Ich kümm’re mich drum nicht
Und mach‘ ein hübsch‘ Gedicht!
(“ Das Leben ist ein Gedichte“ – 1973, Verlag Philipp Reclam Leipzig)