100-Seiten-Bücher – Teil 25
Wolfgang Hilbig: »Abriß der Kritik« (1995)
Berlin, 25. Mai 2012, 08:55 | von Josik
Vier während einer Poetikdozentur im Sommersemester 1995 an der Goethe-Universität Frankfurt am Main gehaltene Vorlesungen ergeben abgedruckt einen schönen Hundertseiter. Von Wolfgang Hilbig erfährt man in diesen Vorlesungen, obwohl es ja eigentlich um den Zusammenhang zwischen Literatur und Literaturkritik gehen soll, ungemein viel über seinen glühenden Hass auf Automobile: »Ich halte die Werbung für den Verkauf von Automobilen für Anstiftung zum Mord«, lautet so ein krasser und sicherlich zum Nachdenken anregender Satz.
In der zweiten Poetikvorlesung geht es um eine Talkshow »über den derzeit bekanntesten deutschen Literaturkritiker«. Die Ausstrahlung dieser Talkshow liegt zum Zeitpunkt der Poetikdozentur zwar schon einige Jahre zurück, Hilbig glaubt sich aber daran erinnern zu können, dass sie aus Anlass eines Jubiläums, womöglich eines runden Geburtstags des derzeit bekanntesten deutschen Literaturkritikers, gesendet worden sei. Auch Gisela Elsner habe dort in der Runde gesessen und den derzeit bekanntesten deutschen Literaturkritiker scharf und rücksichtslos attackiert.
Natürlich bestellte ich mir unverzüglich beim Südwestrundfunk einen Mitschnitt dieser Talkshow: Die Archivnummer lautet 340075 (SWR) bzw. 21059 (BAD). Wie sich dann herausstellte, handelte es sich aber gar nicht um eine Jubiläumssendung für den derzeit bekanntesten deutschen Literaturkritiker, sondern bloß um eine Talkshow im Rahmen der 10. Internationalen Funkausstellung. Auch Thomas Hettche hat dort einen Auftritt, er sitzt aber nicht in der Runde der eigentlichen Talkshowgäste, sondern steht etwas abseits an der Bar und sagt einige sehr interessante Sachen.