100-Seiten-Bücher – Teil 38
Immanuel Kant: »Grundlegung zur Metaphysik der Sitten« (1785)

Berlin, 25. September 2012, 08:05 | von Josik

Als Ahnherr des Hundertseiterprojekts darf Arthur Schopenhauer gelten, heißt es doch wörtlichstens in seinem Buch »Über die Grund­lage der Moral« (übrigens dem besten philosophischen Werk, das jemals geschrieben wurde): »Dem Verständniß gegenwärtiger, die Kantische Ethik im tiefsten Grunde unterwühlenden Kritik wird es überaus förderlich seyn, wenn der Leser jene ›Grundlegung‹ Kants, auf die sie sich zunächst bezieht, zumal da diese nur 128 und XIV Seiten (bei Rosenkranz in Allem nur 100 Seiten) füllt, zuvor mit Aufmerksamkeit nochmals durchlesen will, um sich den Inhalt derselben wieder ganz zu vergegenwärtigen.«

Und genau diese Stelle nahm ich dann zum Anlass, die »Grundlegung zur Metaphysik der Sitten« mit Aufmerksamkeit nochmals durch­zulesen, um mir den Inhalt der Kantischen Ethik wieder ganz zu vergegenwärtigen. Kurioserweise liest sich Kants Büchlein aber in Teilen wie ein Werk aus Hugendubels Ratgeberliteratur-Regal, denn was soll man etwan von einer Stelle wie dieser halten: »Man kann […] nicht nach bestimmten Prinzipien handeln, um glücklich zu sein, son­dern nach empirischen Ratschlägen, z. B. der Diät, der Sparsamkeit, der Höflichkeit, der Zurückhaltung usw., von welchen die Erfahrung lehrt, daß sie das Wohlbefinden im Durchschnitt am meisten befördern.«

Wenn nun jemand ganz grundsätzlich fragte, ob hier dem Alleszermal­mer oder aber ob dessen Unterwühler beizustimmen sei, so müsste man auf folgende Stelle in jenem Dialog verweisen (hier zwischen 10’05“ und 10’15“ anzukucken), der vor ein paar Tagen zwischen dem derzeitigen Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart Philipp Hübl (dessen Bruder, ein glücklicher FAS-Abonnent, auf eine entsprechende Frage der FAS soeben das FAS-Feuilleton an erster Stelle seiner drei FAS-Lieblingsressorts nannte) einerseits und Stefan Raab andererseits statthatte. Raab: »Das Schöne an Philosophie ist: Philosophie ist nie richtig und nie falsch.« – Hübl: »Das stimmt nicht, sorry, nee.« – Raab: »Das stimmt nicht? Das ist aber meine Philosophie.«

Länge des Buches: ca. 176.000 Zeichen. – Ausgaben:

Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. In: Immanuel Kant’s sämmtliche Werke. Herausgegeben von Karl Rosenkranz und Friedr. Wilh. Schubert. Achter Theil. Leipzig: Voss 1838. S. 1–100 (= 100 Text­seiten) (online)

Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Herausgegeben von Karl Vorländer. Unveränderter Neudruck der 3. Auflage. Leipzig: Meiner 1947. S. 1–95 (= 95 Textseiten).

(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)

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