100-Seiten-Bücher – Teil 49
Niccolò Machiavelli: »Der Fürst« (1513/1532)
Leipzig, 4. März 2013, 21:10 | von Marcuccio
»Werkchen« hat Machiavelli seinen Hundertseiter genannt, was er im Vergleich zu seinem Vierhundertseiter »Discorsi« definitiv ist. Werkchen klingt halt trotzdem arg wie Knoppers, das Frühstückchen. Man weiß, dass Hitler und Mussolini das Werkchen gefrühstückt haben, und überhaupt hat sich von der Diktatur bis zur Demokratie, von den Jesuiten bis zu den Kommunisten und von Shakespeare bis Nietzsche wohl so ziemlich jede Staatsform, Geistesbewegung und Persönlichkeit an diesem Hundertseiter vergriffen. Was nicht weiter wundert, denn Machiavelli bringt seine Sache ganz fantastisch auf den Punkt. Man sollte das Buch mal für eine Nacherzählung in Power Point ausschreiben.
Besonders eindringlich wird Machiavelli immer da, wo er den Coach macht: »Entweder bist du schon Fürst oder bist noch auf dem Weg, es zu werden.« So sieht’s aus. Und wer die Ansprache als Alphatier bevorzugt, kann sich im Role Model »Fuchs« oder »Löwe« wiederfinden. Die wenigsten können beides in sich vereinen, und auch deswegen sieht man Macht so oft scheitern.
Die Kunst des Machterwerbs und Machterhalts war ursprünglich mal Arkanwissen für Staatsführer (eben: Fürsten). Heute ist Machiavellismus vom Schlage ›Der Zweck heiligt die Mittel‹ längst Breitensport, beliebt von der Staatsräson bis zur ausgestellten Skrupellosigkeit leitender Angestellter in der Schadensregulierung M–Z: »Büro ist Krieg«. Das Problem der Strombergs dieser Welt: Sie lesen womöglich Werkchen wie »Der kleine Machiavelli. Handbuch der Macht für den alltäglichen Gebrauch«. Das Original ist aber wahrscheinlich nicht nur besser, sondern vor allem auch kürzer!
Am 5. März 2013 um 09:09 Uhr
Auch bei der kurzen und klassischen Version bin ich nie über die ersten Seiten hinausgekommen.