Im neuen Rijksmuseum

Amsterdam, 1. August 2013, 08:00 | von Paco

Ich hatte noch gut zwei Stunden Zeit, ging also kurz ins Hotel zurück, stellte am Fernseher einen Sender mit Naturgeräuschen an (myZen.tv) und erholte mich ein bisschen. Nach einer Weile ging ich auf einen Kaffee rüber ins Rijksmuseum. Ich blätterte in der »Süddeutschen«, wurde aber gleich abgelenkt, denn am Nebentisch saßen vier sehr sympathische Norddeutsche und ich folgte ihrer ruhigen, vertraulichen Gestik und verlor mich dann so ein bisschen mit schrägem Blick in der überwältigenden Helligkeit des neuen Atriums.

Nach einem schnellen Espressoschuss ging ich dann, weil ich eh grad da war, kurz hinauf in den zweiten Stock, um mir noch mal mein Lieblingsrijksmuseumsgemälde anzusehen. Es hängt in der Ehrengalerie, das heißt, man muss mehr oder weniger obligatorisch auch einen halben Blick auf Rembrandts sogenannte »Nachtwache« werfen, die immer noch so heißt, obwohl nach der Säuberung des Firnis nun relativ offensichtlich ist, dass der eigentliche Titel lauten müsste: »Gemälde mit Leuten drauf, die sich am hellichten Tag an einem relativ dunklen Ort versammeln«. Im Vorbeigehen sieht das Bild sogar ganz okay aus, und die Masse von Leuten, die sich allein wegen des zentralen Standorts dieses, wenn man ehrlich ist, nicht allzu eindrucksvollen Werks zu jeder Zeit davor versammeln, stehen jetzt jedenfalls nicht woanders, nicht da, wo ich jetzt hin will.

In einer der acht Seitenkapellen der Ehrengalerie hängen auch fünf Interieurs von Pieter de Hooch, der von zwei kichernden Teenies gerade in »Pieter the Whore« umgetauft wird, als ich daran vorbeigehe. Aber ganz in der Nähe lauert dann endlich das schönste, beste, impressivste Bild der gesamten Rijkssammlung, Jan Asselijns Schwan im preemptive-strike-Modus, und allein die pechschwarzen Kampffüße, die mit dem lichtdurchfluteten Federkleid kontrastieren, sind Gold wert:

Jan Asselijn, Der bedrohte Schwan (vor 1652) – Source: Wikimedia Commons

Ich bin immer wieder erschrocken, wenn ich das Bild neu sehe, aber so ein Blick auf den Kampfschwan ist auch ein Muntermacher und das Zen-TV und meine Kontemplation im Museumscafé sind vergessen und ich mache mich, wie verabredet, frisch auf zum Leidseplein, wo ich schon von weitem usw. usw.

 
(Bild: Wikimedia Commons)

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