Die großen Fritz-J.-Raddatz-Festwochen (Tag 4):
»Erfolg oder Wirkung« (1972)
Berlin, 4. Dezember 2013, 08:05 | von Josik
(= 100-Seiten-Bücher – Teil 85)
(Vorwort zur Festwoche hier. Inhaltsübersicht hier.)
Fritz J. Raddatz porträtiert in diesem Buch Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky, Erich Mühsam, Willi Münzenberg, Ernst Niekisch und Robert Havemann. Es sind meisterliche impressionistische Genrebilder, die er mit leichter Hand skizziert, absolute Pflichtlektüre für alle, vielleicht nur für den Erdkunde- oder Geschichtsunterricht nicht unbedingt. Aus Raddatz spricht die ungestillte Sehnsucht nach dem Süden, wenn er einen Kreis junger Naturalisten nach »Friedrichshafen am Müggelsee« (S. 55) verlegt; aus ihm spricht der klare Wunsch, dass Hitler schon viel früher hätte weggeräumt werden müssen, wenn er das berühmte Attentat auf den »20. Juli 1940« (S. 130) datiert; und dass eine zweibändige Erich-Mühsam-Auswahl, die 1958 in der DDR erschien, dort »nie wieder aufgelegt« (S. 53) worden sei, ist natürlich ebenfalls falsch.
Cool sind die lebenspraktischen Tipps: Indirekt empfiehlt Raddatz, in keine Autos zu steigen, in denen vom Rückspiegel eine Zottelhexe hängt. Allen Geheimdiensten gemeinsam nämlich sei eine »Atmosphäre von Blechkaffeekanne, Blümchen auf dem Fensterbrett und die Zottelhexe am Rückspiegel der Abholautos« (S. 129). Muffige Zottelhexen am Rückspiegel kann der Stilexperte Raddatz nicht gutheißen; und gerade in Stilfragen sollte man sich generell auf Raddatz’ Urteil verlassen, seit er im FAZ-Interview erklärte: »Ob Sie einer schwangeren Frau den Bauch aufschneiden oder sechs Millionen Juden vergasen – das hat alles mit Stil überhaupt nichts mehr zu tun« und darüber hinaus auch noch lehrte, dass man normalerweise die Unterwäsche jeden »zweiten« Tag wechselt.
Am 4. Dezember 2013 um 10:56 Uhr
In seinen Tagebüchern 1982-2001 schreibt Raddatz, die chinesische Währung wäre der Yen, usw.
Am 5. Dezember 2013 um 10:41 Uhr
Mehr „usw“ bitte ?!