Pindarischer Sprung
Buenos Aires, 1. Dezember 2014, 01:56 | von Paco(Da Leute gefragt haben, was wir damit meinen, hier ein Annäherungsversuch an eine Definition. Dique hat das Konzept im August 2010 auch mal in einem Interview mit NDR Kultur erklärt, aber wer es lieber zum Nachlesen will, hier bitte.)
Pindarischer Sprung. Als pindarischen Sprung oder pindarischen Flug (ital. salto pindarico bzw. volo pindarico; engl. Pindaric jump bzw. Pindaric flight) bezeichnet man einen gedanklichen Sprung, bei dem oft nicht mehr ohne Weiteres deutlich ist, was das inhaltlich verbindende Glied zwischen Ausgangs- und Zielgedanke ist. Die Bezeichnung ist im heutigen Italienisch noch ab und zu anzutreffen, wobei das Adjektiv ›pindarico‹ auch allein für eine allgemein gewagte Metapher stehen kann. Eine Definition für das deutsche Publikum findet sich in der von Ramler übersetzten »Einleitung in die schönen Wissenschaften« von Batteux:
»Ein Pindarischer Sprung wird ein rasender Unsinn, so bald man den Ort aus dem Gesicht verliert, woher man gekommen ist, oder das Ziel, wohin man gehen muß.«
Unbedingt auch die Fußnote dort lesen. Eigentlich ist im Original von »écarts pindariques« die Rede, »pindarischen Abwegen«, von denen wiederum Jean-Baptiste Rousseau et de Brosette schreibt:
»Was die Pindarische Ode betrifft, so wissen Sie wohl, was Herr de La Motte und nach ihm der Abbé Terrasson von Pindar behaupten? Sie nennen diese schöne Unordnung und diese großen Bewegungen, die wir in seinen Oden bewundern, Abwege; sie behaupten, er hätte sich nur auf solche Abwege begeben, um die Trockenheit und Unfruchtbarkeit seiner Stoffe zu verdecken.«
Das klingt erst mal harsch, aber kann ja sein. Pindar halt. Unsere eigene Adaption des Begriffs hab ich mal in einem Aufsatz für die EDIT versucht zu beschreiben. Demnach ist ein pindarischer Sprung
»ein überstürztes Assoziieren, wie es im Gespräch zwischen sinnlos überinformierten Menschen eben vor sich geht. Der salto pindarico eignet sich generell sehr gut zur digitalen Abbildung des analogen Genres ›Kaffeehausgespräch‹, wie wir sie seit 2007 im Umblätterer entwickeln.«