100-Seiten-Bücher – Teil 154
Nicole Zepter: »Kunst hassen« (2013)
München, 26. Mai 2019, 19:48 | von Josik
Na gut, es ist klar, dass die folgende Formulierung, die Nicole Zepter in ihrem Essay »Kunst hassen« verwendet, nicht wörtlich gemeint ist, aber trotzdem: »Und wenn einem dann noch auf der documenta 12, der vorletzten, die schlampig ›kuratierte‹ Anhäufung von Kunstwerken in den stickig überfüllten Provisorien der Karlsaue allen Sinn und Verstand für die Kunst austreibt, dann möchte man dem ganzen Betrieb ein Schild umhängen, auf dem ›Please kill me‹ steht und schreiend davonlaufen« (S. 15). Dass der ganze Betrieb gekillt wird, kann man nun aber schwerlich dadurch sicherstellen, dass man schreiend davonläuft, sondern es wäre natürlich viel sinnvoller, vor dem ganzen Betrieb kaltblütig stehenzubleiben und ihn dann aus dieser Position heraus eben zu killen.
Tatsächlich habe ich noch nie verstanden, warum Leute überhaupt in Museen gehen, denn fast immer ist die Luft dort sehr schlecht und man wird in kürzester Zeit wahnsinnig müde und häufig sind die Museumsbesucher, die man in den Museen besichtigen kann, sehr viel weniger hübsch als die dort ausgestellten Objekte. Das heißt aber nicht, dass ich aus Prinzip keine Museumsgebäude betreten würde, ganz im Gegenteil, denn ich gehe unheimlich gerne in Museumsshops, und ein Museum, das ich garantiert besuchen würde, wenn es so eines gäbe, wäre ein Museum der Museumsshops, also ein Museum, in dem die originellsten Museumsshops der letzten Jahrzehnte konserviert werden.
Man könnte in den Museumsshops, die in diesem Museum der Museumsshops ausgestellt wären, natürlich nichts kaufen, aber so wie man am Ende der Ikea-Möbelausstellung unweigerlich zur Selbstbedienungshalle und den Hot Dogs gerät, so müsste man am Ende des Museums der Museumsshops unweigerlich auf einen Museumsshop stoßen, der nicht nur alle bis dahin besichtigten Museumsshops toppt, sondern in dem darüber hinaus auch irgendwelche Artefakte käuflich erworben werden können, das wäre doch epochal!