100-Seiten-Bücher – Teil 160
Joyce Carol Oates: »Schwarzes Wasser« (1992)
München, 25. Juli 2019, 16:55 | von Josik
Schon im ersten Satz, auf Seite 8, erfahren wir, dass es ein Toyota ist, der hier von der Straße abkommt, und damit wir das nicht vergessen, wird es in diesem kurzen Roman danach einfach noch weitere sechzehn Mal erwähnt: Seite 11: »Toyota«; Seite 12: »Toyota«; Seite 13: »Toyota«; Seite 16: »Toyota«; Seite 26: »Toyota«; Seite 27: »Toyota«; Seite 31: »Toyota«; Seite 33: »Toyota«; Seite 37: »Toyota«; Seite 41: »Toyota«; Seite 42: »Toyota«; Seite 45: »Toyota«; Seite 53: »Toyota«; Seite 66: »Toyota«; Seite 124: »Toyota«; Seite 135: »Toyota«. Vielleicht handelt es sich um eine Art Anti-Schleichwerbung, da es ja nun eigentlich nicht sehr für die Marke Toyota spricht, dass der am Steuer sitzende US-Senator von der Straße abkommt und in ein sumpfiges Wasser geschleudert wird. Der Senator kann dann zwar sich selber aus dem buchstäblich absaufenden Toyota retten, macht allerdings keinerlei Anstalten, seine junge Beifahrerin, die er kurz vorher auf einer Party kennengelernt hat, ebenfalls zu retten.
Dieser Roman ist based on a true story, und dementsprechend hat die Autorin Joyce Carol Oates eher wenig verändert: In Wirklichkeit ereignete sich der Vorfall 1969 (der Roman spielt etwa 20 Jahre später), in Wirklichkeit war es ein Oldsmobile 88 (kein Toyota), den der Senator fuhr, in Wirklichkeit hieß die Beifahrerin Mary Jo Kopechne und starb mit 28 Jahren (im Roman heißt sie Kelly Kelleher und stirbt mit 26 Jahren), und in Wirklichkeit hieß der Senator Edward Kennedy (im Roman heißt der Senator schlicht: »der Senator«). Mary Jo Kopechne hätte wahrscheinlich gerettet werden können, wenn Kennedy die Polizei nicht erst zehn Stunden nach dem Unfall verständigt hätte, kurz nachdem diese schon von einem zufällig auf die Leiche gestoßenen Taucher informiert worden war. Zur Strafe erhielt Kennedy, denn nichts ist unmöglich, zwei Monate auf Bewährung.