100-Seiten-Bücher – Teil 172
Sharon Dodua Otoo: »Synchronicity« (2014)
München, 6. Oktober 2019, 10:05 | von Josik
Ich hatte sämtliche Bibliotheken hier in der Provinz abgegrast (München), aber Sharon Dodua Otoos »Synchronicity« war einfach nirgends aufzutreiben. Zum Glück machten wir mal wieder einen Kurztrip nach Berlin und hatten spontan so zwanzig, dreißig Freundinnen und Freunde in den Gleisdreieckspark eingeladen. Wir stellten Wasser, Bier und Chips bereit, alle waren tippi-toppi drauf, und dann kam zu meiner großen Freude auch noch Claudia direkt von der Amerika-Gedenkbibliothek herbeigeradelt und brachte dieses superste Buch vorbei, das sie dort extra für mich ausgeliehen hatte. Zuhause angekommen, las ich in Ruhe diese wunderbare, u. a. im Bergmannkiez spielende »sehr lange Kurzgeschichte« (S. 94) über Cee, eine freiberufliche Grafikerin, die 24 Tage vor Weihnachten dramatischerweise ihre Farben zu verlieren beginnt – und die nebenbei die Beziehung zu ihrer Mutter und die Beziehung zu ihrer Tochter (und auch generell die Beziehung zu Männern) neu sortiert. Besonders großartig ist, wie Cee an Tag 9 ihren Vermieter und gleichzeitig beruflichen Auftraggeber am Telefon runterputzt, ihre Forderungen stellt und danach einfach nur sagt: »Ich bin froh, dass wir uns einigen konnten. Auf Wiederhören!« (S. 25) Ganz bezaubernd sind auch die Illustrationen von Sita Ngoumou, die über das Buch verteilt sind. Als ich »Synchronicity« ausgelesen hatte, schickte ich es von München aus einfach per Post wieder zurück nach Berlin, in die Zivilisation.