Was vom Tage 34 übrig blieb:
Die Villa, Volksdorf

Hamburg, 4. Oktober 2022, 23:00 | von Paco

»Warum musste die Weide sterben?« Das ist heute die Frage, dazu später mehr.

Aufwach: 5:45 Uhr.

🎶 Jens Friebe: Wir sind schön

Warum nicht mal – trotz Tina Uebel – nach Volksdorf? Zuerst Babyschwimmen im Bäderland. Eines der Babys hat statt einer Schwimm- einfach eine normale Windel an. Das müssen kiloweise Wasser sein, die da aus dem Becken gesaugt werden.

Nach einer fröhlichen Dreiviertelstunde mit Plantsch und Quatsch gehen wir – die Artipoppe mit Inhalt und ich – in »eines der besten Cafés in Deutschland«. Das ist ein Zitat aus dem »Feinschmecker«, nicht von mir nachgeprüft, aber es steht auf einem großen Banner, das den Aufgang zur Ohlendorffschen Villa ziert, in dem das Café residiert:

Die Villa
Im Alten Dorfe 28
(Volksdorf)

Espresso: €3,00.

An der Hauswand prangt dann ganz dissonant ein Graffiti, signalrot, aber klein und zaghaft gesprüht: »Warum musste die Weide sterben?«

Zuerst denke ich natürlich, eine ganz grüne saftige Weide ist irgendwo in der Nähe gegen den Willen der Bevölkerung plattgemacht worden. Als mir der (bisher übrigens teuerste) Espresso gebracht wird, frage ich mal nach, was es mit der Weide auf sich hat. Stellt sich heraus, es war eine andere Weide, ein Baum nämlich.

Das Graffiti draußen sei natürlich ärgerlich, Villaverschandelung and all, aber die Polizei sei da dran. Ich gehe dann unauffällig im Park hinter der Villa spazieren. Die Abholzfläche ist weiträumig mit Trassierband markiert, in der Mitte der traurige Baumstumpfrest der Weide. Zwei Fahradjungs im TKKG-Alter radeln an mir vorbei, der eine erklärt dem anderen, was hier passiert ist. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die beiden den Fall lösen und den Graffitisprüher (dessen im Prinzip gute Motive aber auch thematisiert werden) der Polizei übergeben werden.

Auch ich bin nun am Fall dran und habe gegoogelt. »volksdorf weide« ergibt leider keine geeigneten Treffer, und dann stellt sich raus: Laut Bezirksamt Wandsbek war es gar keine Weide, sondern eine Trauerbuche. Interessantes Täterprofil: jemand, der so angelegentlich um eine Weide trauert, die aber eine Buche ist.

Ich komme vor lauter Interesse an den Geschehnissen in Volksdorf kaum zu den Zeitungen. Die SZ heute nicht so interessant, in der FAZ viele so halbinteressante Artikel, bis ich auf Mirijam Günters Bericht aus ihren Literaturwerkstätten stoße (»Ganz unten«, in der Netzversion: »Arm zu sein ist wie eine Spinne im Netz, die nichts fängt«).
 

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