Bertolt Brecht in Russland
Moskau, 13. Dezember 2016, 15:55 | von PacoEin Dresdner Kollege hatte eine Gastvorlesung gehalten und zum Tagesausklang gingen wir dann noch in die armenische Schenke gegenüber der Epiphanienkathedrale. Am Nebentisch saß ein älterer Herr, der ab und an vor sich hinmurmelte, bis er sich dazu entschied, doch ganz direkt in unser Leben zu treten.
Nachdem er also bezahlt hatte und sich zum Gehen anschickte, stellte er sich freundlich vor uns auf. Er könne selbst kein Deutsch, aber liebe den Klang der deutschen Sprache, es sei eine Wonne gewesen, dem Klang unserer Stimmen zuzuhören. Komplimente, kurze gegenseitige Vorstellung. Und er sei so ein großer Fan von Brecht, er habe alles von ihm gelesen usw.
Brecht, nun ja, hin oder her, Wiedererkennungsfreude ist ein Ding für sich, und wir schwelgten in Schlagworten und Titeln und suchten in den Augen unseres neuen Bekannten nach Reaktionen, »episches Theater«, »Kurt Weill«, »Fragen eines lesenden Arbeiters«, »Erinnerung an die Marie Aaaaah!«, »Mutter Courage«.
Unsicherer Blick. Hatten wir die Titel falsch übersetzt? Kenne er jetzt alles nicht. Seien das auch diese philosophischen Bücher, die ihm so gefielen?
Wie? Die theoretischen Schriften Brechts, liest die noch jemand, und welche überhaupt? Brecht, wirklich Bertolt Brecht?
»Bertolt, äh, ich glaube nein, eher so Hermann Ludwig –, njet, Alexander Baldur –, njet –.«
»Richard David?«
»Totschno!«
Am 28. Dezember 2016 um 12:33 Uhr
Ob das eine wahre Geschichte ist? Sie liest sich jedenfalls sehr freundlich.