Warm und grau

Frankfurt/M., 1. September 2019, 22:33 | von Charlemagne

Man wird halt auch älter, da ist es, fürchte ich, ganz normal, dass die Helden weniger werden. Und es ist ja auch nicht so, dass sie dann für immer weg sind, sie kommen nur anders daher. Dirk von Lowtzow zum Beispiel schreibt jetzt auch Bücher und hat graue Haare, ist aber immer noch der beste und schönste Musiker. Außerdem ist er damit in sprichwörtlich bester Gesellschaft, Rainald Goetz ist ja auch seit Jahren ganz grau, mein Apfelweinhändler Jens Becker ebenso und bei Christian Kracht dauert es bestimmt auch nicht mehr lange.

Genau andersherum verhält es sich hingegen mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die ist heute ganz bunt und überhaupt nicht mehr so schön grau wie früher, als Titelbilder noch selten und eine angenehme Überraschung waren und die Kommentare noch Frakturüberschriften hatten und gelesen wurden. An öffentlich-unglücklich intrigierende Herausgeber kann ich mich auch nicht erinnern.

Aber eigentlich soll dieser Text ganz woanders hin, nämlich, über Umwege, die ich der hiermit ausgerufenen und damit gleichzeitig auch wieder für beendet erklärten Michael-Angele-(auch grau!)-Festwoche zuschreibe, zum »Letzten Zeitungsleser«. Nach dem furiosen Schirrmacherritt (wir berichteten) musste ich das Buch natürlich auch sofort lesen. Es ist mindestens genauso toll, und hat sogar einen hidden bonus track. Denn schon allein bei der äußerlichen Betrachtung des Buches musste ich an so viele »wo kriegen wir hier in der Einöde jetzt noch eine FAZ«-Geschichten aus Familienurlauben denken, dass ich erst mal eine halbe Stunde schmunzeln und dann nur ein kleines bisschen um dieses mittlerweile wie selbstverständlich verlorene Ritual weinen musste. Und da haben wir noch gar nicht über die zweistündige Fahrt durch die staubtrockene Toskana gesprochen, um, überglücklich, eine FAZ vom Vortag zu ergattern, eine Mittwochsausgabe.
 

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