Die diesmal sehr gute Buchmessen-FAS

London, 11. Oktober 2007, 18:27 | von Paco

Nach der Verunsicherung durch die Buchmessen-FAS vom 18. März 2007 folgte am Sonntag eine der besten FAS-Ausgaben aller Zeiten. Wieder eine Buchmessen-FAS, aber diesmal eben sehr gut. Es gab ganze zwei Feuilleton-Bücher, die Seiten 39 bis 60 waren voll mit hervorragenden Texten.

Im ersten Buch (S. 39-48) gibt es »ein« letztes Gespräch mit einem zornigen (Richtung Grass & Walser), aber mit seinem Schicksal versöhntem Kempowski, geführt allerdings schon Anfang Juli und nach dem Tod des Autors offenbar für jetzt als Hommage aufgespart.

Und eine schöne Besprechung von Peter Richter zur deutschen Erstausgabe von Sarmientos »Civilización y Barbarie« (1845), die der Verlag aber umgekehrt, als »Barbarei und Zivilisation« vermarktet, wohl damit es in der alphabetischen Reihung beim Online-Buchhändler nicht ganz am Ende kommt.

Richter sieht jedenfalls von diesem Fauxpas ab und lobt die Übersetzung von Berthold Zilly als »sensationell«. Was auch zu stimmen scheint, denn er hat zum Beispiel für das bei Sarmiento häufige, heute vor allem für für ZZ-Top-Alben-Titel verwendete »degollar« die deutsche Entsprechung »abkehlen« gefunden, siehe Grimm’sches Wörterbuch.

Im zweiten Buch (S. 49-60) dann Schlag auf Schlag: Als Aufmacher schreibt Thomas Hettche über die Doktor-Faustus Neuausgabe inkl. einer langen Erinnerung an seine Deutschlehrerin.

Dann Claudius Seidl über die Balzac-Biografie von Johannes Willms (Untertitel: »Eine Begeisterung«), von der Seidl einmal als ›Ungeheuerschilderung‹ spricht, was für eine Genrebezeichnung! Und noch ein neues Genre ist zu statuieren: Nachdem Willms neulich »Napoleon« und jetzt »Balzac« vorgelegt hat, hofft Dique auf einen baldigen Willms’schen »Sarkozy«. Denn Sarkozy-Texte sind ganz unterschwellig zu seiner Lieblingsgattung geworden.

Dann mal wieder ein schöner schneller Text über Durs »wozu ist man Dichter« Grünbein, geschrieben von Marius Meller. Der besprochene Band heißt »Strophen für übermorgen«, aber: »die Gedichte sind beim besten Willen nicht so hermetisch, dass sie erst übermorgen ihren Sinn preisgeben würden«. Und dann, wie neulich ja schon bei Steffen Jacobs, ein wahres Wort zum Metapherngebrauch bei D. G.:

»Grünbeins Assoziationen, seine Metaphern, lassen sich meist schnell aufschlüsseln, sie haben gewissermaßen nur zwei Dimensionen, wo Klassiker der modernen Lyrik wie Trakl oder Benn semantisch dreidimensionale Konstrukte herstellen. Für die mythologischen Anspielungen – Grünbeins angebliches Markenzeichen – kann ein einschlägiges Lexikon verwendet werden: über den Assoziationswert hinaus haben sie meist keine weitergehende Bedeutung, sie wirken oft wie aufgesetzt.«

Und dann noch Harald Stauns Interview mit Paul Haggis, dem Erfinder von »Walker, Texas Ranger« (hehe). Darin einige Weisheiten zum derzeitigen TV-vs.-Kino-Beef: »Es gab viel zu lange einen Snobismus gegenüber dem Fernsehen, weil es angeblich nicht so gut wie das Kino ist. Das ist aber eindeutig nicht der Fall.« Und: »Beim Fernsehen kann man seine Charaktere viel länger drehen und wenden und viel tiefer erforschen als in einem Film.«

Und das war nur eine Auswahl aus dieser reichhaltigen FAS. Mit dieser Ausgabe ist der 18. März 2007 vergessen und für immer getilgt aus dem Kulturellen Gedächtnis, Ausgabe 2007.

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