Die Feuilleton-Hits zu Jahresbeginn (Teil 3):
Peter Urban-Halle über dänische Literatur

Leipzig, 2. März 2008, 08:12 | von Paco

Januar und Februar waren gute Feuilleton-Monate, ganz anders als im letzten Jahr. Wir stellen hier die 6 interessantesten, schönsten, bestgeschriebenen, relevantesten, lesenswertesten Feuilleton-Artikel des Jahresbeginns vor, die auch sozusagen automatisch für die Best of Feuilleton 2008 nominiert sind. Hier ist Teil 3:

Peter Urban-Halle: »Der Krimi soll’s richten« (NZZ, 7. 1. 2008)

Warum soll man gleich noch mal die NZZ lesen? Zum Beispiel wegen der Artikel, in denen die literarische Lage einer Region ganz kurz mal eben ausführlich beschrieben wird. Vor zwei Wochen gab es einen gründlichen Artikel über Slowenien (von Wilhelm Baum), und einen Monat davor war dieser kritische Artikel über die dänische Gegenwartsliteratur erschienen.

Wenn in Dänemark im Moment offenbar keine ›echten‹ Schriftsteller erwähnenswert sind, dann könnte man ja wenigstens über die Krimiautoren reden. Peter Urban-Halle meint aber, dass sich wegen der mangelnden literarischen Qualitäten auch das nicht lohne. In Zeiten des skandinavischen Krimi-Booms kriegt es Dänemark irgendwie nicht auf die Reihe, davon zu profitieren.

Insgesamt polemisiert er recht unterhaltsam, etwa gegen die Werke von Stig Dalager, »deren Weltgewandtheit sich darin äussert, dass sie den Kalender nach interessanten Daten durchschauen und danach politisch korrekte Bücher verfassen, den Roman zum Jahrestag sozusagen«.

Neben Heimat und Mythos sei vor allem auch der Körper ein urdänisches Thema, mittlerweile aber eben eher als Obduktionsobjekt im nordischen Kriminalroman. Von der Verknüpfung dieser drei Themenkreise innerhalb eines Krimis verspricht sich P. U.-H. allerdings ein »Literaturfest«. Im Moment scheint die dänische Literatur sowas dringend nötig zu haben.

3 Reaktionen zu “Die Feuilleton-Hits zu Jahresbeginn (Teil 3):
Peter Urban-Halle über dänische Literatur”

  1. dirk

    Hm: Berichte zur literarischen Lage von Regionen. Grübeln, was gemeint sein könnte, wenn Nationen literarisch etwas auf die Reihe kriegen. Vorstellen, wie Staaten profitieren von Krimi- oder anderen Booms. Feste, die die Literatur nötig habe. – Es gelingt mir nicht. (Als Staat wünschte ich von der Literatur, dass sie dem Glauben aufhelfe, an mich. Aber ich bin ja kein Staat.)

  2. Paco

    hi dirk, hast schon recht. nationen im engeren sinn sind nicht unbedingt eine interessante literarische größe, trotzdem geht es ja normalerweise um DIE deutsche, dänische, kroatische etc. literatur, gastländer auf buchmessen, geschichte DER französischen, spanischen usw. literatur. wobei z. b. der lateinamerikanische boom auch nicht losgelöst von lateinamerika diskutiert werden kann. und DIE dänische gegenwartsliteratur ist sicher mehr als der NZZ-teaser. trotzdem ist es doch schön, wenn man mal einem kurzen polemischen blick auf die literaturszene im nachbarland beiwohnen darf, das interesse muss ja da nicht aufhören.

  3. Marcuccio

    Also, ich finde die Idee der literarischen Länderreports weiterhin großartig! Ganz entterritorialisiert, das hat die vorzügliche Beilage »Literatur und Kunst« eben selbst schon verhandelt, geht’s dann ja auch nicht. Und ich glaube schon, dass es für die slowenischen, dänischen oder whatever Verlage ein Fest ist, wenn ihre kleinen Literaturen in den großen Lizenznehmer-Sprachen überhaupt mal ein Thema sind. Und ganz oft sind die länderbezogenen Lage- auch grundsolide Genreberichte, am liebsten von Evelyn Polt-Heinzl.

    Die NZZ ist, was die Regelmäßigkeit solcher Überblicksartikel betrifft, auf jeden Fall das beste Feuilleton, das wir haben. Bitte weiter so! Und grundsätzlich schön war ja auch die Idee, die Schätze aus »Literatur und Kunst« im jährlichen Überblick zu versammeln. Leider sind seither viele alte Perlentaucher-Links zur NZZ tot. Das, liebe NZZ, war kontraproduktiv.

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