»Hey, that’s our stuff!« – Seinfeld und Tarantino

Leipzig, 9. April 2008, 23:18 | von Paco

Niemals wäre mir eingefallen, diese Beiden zusammenzudenken, niemals. Doch dann hielt mir San Andreas das Interview aus der »Empire« unter die Nase (Ausgabe vom Januar 2008, S. 163-168), das Nick de Semlyen mit Jerry Seinfeld geführt hat. Und auf einmal konnte ich nicht verstehen, wie mir das jahrelang entgangen sein konnte.

Vincent: »You know what they call a Quarter Pounder with Cheese in Paris?«
Jules: »They don’t call it a Quarter Pounder with Cheese?«
Vincent: »No, man, they got the metric system, they don’t know what the fuck a Quarter Pounder is.«

Einer von vielen Dialogfetzen aus der unfassbarsten, herrlichsten, uneigentlichsten Filmszene der Neunzigerjahre. Mit diesem Gespräch beginnen Vincent und Jules ihren Auftritt in Tarantinos »Pulp Fiction«. Sie sind im Auftrag von Marcellus Wallace unterwegs und werden kurz darauf ein paar säumige Geschäftspartner ins so genannte Jenseits befördern, einen davon aus Versehen, was zur Bekanntschaft mit Mr. »I solve problems« Wolfe führen wird.

Im erwähnten Interview mit Seinfeld steht dann Folgendes:

EMPIRE: Halfway through Seinfeld’s run came Pulp Fiction, arguably a movie about nothing. Tarantino has said he’s a fan of yours – do you see a connection there?

SEINFELD: Oh, definitely, I think Pulp Fiction was definitely influenced by the show. That opening scene, about the Big Mac, when Larry [David] and I saw that we went, »Hey that’s our stuff!« (Laughs) Yeah, Larry and I went along to the theatre and we loved it. It’s very flattering. I love the stuff Tarantino does – Kill Bill was an incredible piece of work, really cool, and so was Grindhouse.

Warum mir die Ähnlichkeit des Dialogstils nicht früher aufgefallen ist? »Seinfeld« ist eine dezidierte Sitcom, eine TV-Serie. Tarantino dagegen macht Filme. Diese handeln von Gewalt und Mythos, zwei Themenkreisen, die in »Seinfeld« nicht vorkommen.

Man muss die pointierten Dialoge über den Alltag, die »Seinfeld« und Tarantinos Filmen gemein sind, erst von der jeweiligen Handlung abkoppeln. Und auf diese Idee kommt man nicht so einfach. Aber erst dann wird die Verwandtschaft offensichtlich.

Auch für Larry Davids eigene Serie »Curb Your Enthusiasm«, die ja einige »Seinfeld«-Prämissen übernommen hat, stimmt die Diagnose. Nehmen wir die »Pulp Fiction«-Szene, in der Vincent die Frau von Marcellus Wallace ausführt, Mrs. Mia Wallace:

Vincent: »Goddamn, this is a pretty fucking good milkshake.«
Mia: »Told ya.«
Vincent: »I don’t know if it’s worth five dollars, but it’s pretty fucking good.«

Das erinnert doch sehr stark an eine Szene aus »Curb Your Enthusiasm«, an das Jandl-artige »Milk and coffee«-Gedicht, das Larry im Starbucks performt, in Folge 2.08 (»Shaq«), auf die ich schon mal hingewiesen habe.

Auch die Trinkgeld-Diskussion am Anfang von »Reservoir Dogs« ist eine »Seinfeld«-mäßige Szene, und so könnte man lange weiter aufzählen, aber gut, the point is made.

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