Knut Hamsun: »Mysterien«, revisited
London, 11. April 2008, 14:12 | von DiqueIch habe mal wieder die Szene mit der Hotelparty aus »Mysterien« gelesen (Kapitel 13). Nagel lädt ein paar Leute aus der Stadt zu sich ins Hotel, und sie ziehen sich zu, und Nagel wettert gegen Tolstoi, Ibsen und andere. Dabei gibt er sich selbst einfach ständig als Agronom aus:
»Es mag naseweis klingen, zu sagen, ein Graf [Tolstoi] beschäme einen Agronomen [Nagel] so tief; aber das tut er …«
Das ist schon sehr bizarr. Auch der Student Øien, der selten in die Diskussion eingreift. Er erinnert fast ein bisschen an den Studenten aus Meyrinks »Golem«, Charousek, na ja, nicht ganz. Ist aber immer bemerkenswert, wenn in älterer Literatur bei gesellschaftlichen Events irgendwelche Studenten auftauchen, also nicht als Gruppe, sondern als Teil einer Konstellation. Neben dem Kämmerer, dem Journalisten und dem Sonstwas ist dann eben auch ein Student dabei:
»Der junge Mann war stark interessiert. Man erzählte sich, daß er – wie andere Studenten auch – in den Ferien an einem Roman schreibe.«
Und dann noch mal diese Szene auf dem großen Fest (Kapitel 16). Nagel besitzt ja diesen Geigenkasten, in dem sich aber, wie sich bald herausstellt, nur Wäsche befindet. Er behauptet auch, er könne gar nicht Geige spielen, ergreift dann aber gegen Ende des Festes – die Akrobaten sind gerade fertig, der Applaus ist verklungen, die Leute drängen nach draußen – die Violine und schmettert ein paar Stücke, inklusive einem ungarischen Tanz von Brahms.
Wunderbar beschrieben und vorstellbar, wie er da im Festsaal steht, im gelben Anzug, und alle sind wie gebannt, lauschen ihm ungläubig, hingerissen, und dann endet er abrupt, und erst nach einer Minute fangen sich die Leute, klatschen und johlen, und Nagel fasst dann bis zum Ende des Buches keine Geige mehr an. Immer wieder schön.
Am 18. August 2009 um 12:02 Uhr
[…] kam ich in Hamsuns Mysterien an die Stelle, wo die Pfarrerstochter Dagny Kielland sich nach einem langen Gespräch mit dem […]