Sunshine – Jetzt erst recht!
Hamburg, 7. Juni 2007, 09:09 | von San Andreas›Sunshine‹. Moment mal? Kein Anhängsel! Was war denn mit der glorreichen deutschen Titelfindungskommission los, als dieser Film zur Verhandlung kam? Sie war krank, lag im Bett, hatte sich erkältet? Oder Angst vor der Titelpolizei?
Nicht mal etwas Sinnfälliges wie ›Ein Platz an der Sonne‹ oder ein Anheizer à la ›Acht Höllenhunde auf heißer Mission‹ ist rausgesprungen. Oder ein Selbstläufer wie ›Jetzt erst recht!‹. Eine Schande für die Kommission, denn wir wissen: auch ein schlechter Ruf verpflichtet.
Danny Boyle wiederum hat den Ruf, unterschiedlichsten Genres neues Leben einzuhauchen, und sein Versuch im SciFi mag als durchaus akzeptabel gelten, wiewohl man freilich mehr erwartet hat. Ein Freund, dem ich die Handlung schilderte, benannte aufs Stichwort jene Filme, in denen die einzelnen Script-Ideen schon zur Genüge verwurstet worden waren (›Event Horizon‹, ›Alien‹, ›Contact‹, ›Sphere‹, ›2010‹, ›Dark Star‹).
Was nix heißen mag. Ein guter Koch macht aus aufgewärmten Graupen immer noch lecker Kaviar. Aber obgleich Stimmung und Charaktere mit sicherer Hand gestaltet sind und kein Klischee-Eintopf entsteht, wächst das Produkt nicht über halbwegs gute Unterhaltung hinaus.
Boyle nennt ›Alien‹ seinen Lieblingsfilm, und so kann man die Figur des metzelnden Hautmonsters als verunglückte Hommage durchgehen lassen. Nichtsdestoweniger verschiebt sie den Fokus weg vom Dramatischen ins Beliebige, und das geht einher mit einem nervösen visuell-akustischem Overload, der die schwarzen Löcher im Drehbuch nur unvollständig kaschiert.
In langen Ethik-Debatten zerbricht sich derzeit die NASA den Kopf, wie während der Marsmission mit kranken Astronauten zu verfahren sei; im Film ist die Entscheidung, einen sauerstoffverbrauchenden, psychisch angeschlagenen Sternenretter kurzerhand um die Ecke zu bringen, eine Sache von Sekunden. Boyle will moralisch anecken, das hat er (und Lieblinsautor Garland) gerne.
Schon in ›The Beach‹ erging er sich in halbgarer Zivilisationskritik, in ›28 Days later‹ ließ er es in diesem Militärcamp auf unangenehme Weise eskalieren. Er verzettelt sich zwischen Action und Aussage, regelmäßig im letzten Drittel; man kann sich direkt vorstellen, wie er bei den späteren Drehbuchsessions den Block über den Tisch pfefferte: »Ah what the hell. That’s lunch, everybody.« Aber sein ›Trainspotting‹ hat seinerzeit das britische Kino auf Trab gebracht, und dafür ist ihm das Filmdepartment Des Umblätterers immer noch dankbar.