Feuilleton und Pornografie (Teil 3):
Tobias Rapp über Pornpop

London, 8. Juli 2008, 11:50 | von Paco

Nachdem in den letzten beiden Teilen in kritischem und ironischem Ton über Pornografie geschrieben wurde, folgt heute der verwissenschaftlichte Ton. Tobias Rapp hat vor einigen Jahren in der »taz« den Begriff »Pornpop« geprägt und damit die fortschreitende Pornografisierung der Gesellschaft beschrieben:

Tobias Rapp: Sag deine Wahrheit, Baby.
In: die tageszeitung, 2. 4. 2004.

Holzhammerartige Anspielungen auf Sex und Pornografie gibt es in der Popmusik natürlich mindestens seit Elvis‘ Hüftschwung und Mick Jaggers Mundporträts. Neu ist nun allerdings laut Rapp, dass die Pornografie im »Herzen des Pop-Mainstreams« stattfindet und dass ihr keine Subversionskonzepte mehr zugrunde liegen.

Der geplante Zungenkuss, den sich Madonna und Britney Spears bei den MTV Video Music Awards 2003 gegenseitig in die Gesichter drückten, wird von Rapp zwar nicht erwähnt, eignet sich aber gut zur Illustration dieser These. Diese Live-Aktion zielte eben nicht mehr auf sowas wie die Befreiung der Frau oder die Legitimation der Homo-Ehe.

Diesem eher seichten »Crossover zwischen Pornografie und Mainstream-Pop« stellt der taz-Text die Pornovideos von Snoop Dogg zur Seite. Die Filme, sie sogar kurzzeitig seinen Karriereknick aufhalten konnten, sind die logische Weiterentwicklung der pimpigen Rapvideos: Hier findet der Sex wirklich statt, der in den Clips nur angedeutet wird. »Pornpop ist die vorläufig letzte Möglichkeit, in der Karaokewelt des Mainstreams authentische Geschichten zu erzählen.«

Nun sind Snoop Dogg und Britney Spears etwas weg vom Erfolgsfenster, der Pornpop ist geblieben. Inzwischen hat er ein Update zur These »Alles ist Porno« erfahren, die wenig später von Ariadne von Schirach in den Raum gestellt und über einen berüchtigten »Spiegel«-Essay (in Nr. 42/2005) und später in ihrem Buch »Der Tanz um die Lust« (2007) verbreitet wurde. Darum geht es dann demnächst.

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