Patrick Leigh Fermor

London, 11. Juli 2008, 17:32 | von Dique

Nachdem Paco und ich fünf Stunden mit Jonathan Dimbleby in Russland waren und Paco in seinem Text Wolfgang Büschers 82-tägigen Fußmarsch von Berlin nach Moskau erwähnte, setze ich die Assoziationskette mal fort.

Denn ich las parallel zufälligerweise Patrick Leigh Fermors »Between the Woods and the Water«. Fermor (God of travel literature!) brach 1933 vom Hoek van Holland aus nach Konstantinopel auf, zu Fuß.

Im ersten Teil, »A Time of Gifts«, wandert er durch Holland, Deutschland, Österreich, Tschechien und die Slowakei. »Between the Woods and the Water« setzt sich mit dem Donauübertritt nach Ungarn fort. Bevor der Text beginnt, gibt es übrigens als Epigraph folgende Schiller-Passage, auf Deutsch zitiert:

Völker verrauschen,
Namen verklingen,
Finstre Vergangenheit
Breitet die dunkelnachtenden Schwingen
Über ganzen Geschlechtern aus.

Schiller
from Die Braut von Messina

Denn anders als Dimbleby und Büscher (ok, Dimbleby can at least do ›spasibo‹, hehe), lernt Fermor auf seiner Wanderung einigermaßen Deutsch und interessiert sich auch für all die anderen Sprachen und Dialekte, denen er auf seinem Weg begegnet. Als er zum Beispiel, nachdem er Ungarn durchquert hat, die ersten Rumänen in Transsilvanien trifft, heißt es:

»They could all understand my hard-won fragments of Magyar; but I soon felt that the language they spoke to each other would be much easier to learn. A man was om, a woman, femeie; and ochi, nas, mâna and foaie were eyes, nose, hand and leaf. They were a little puzzled at first by my pointing at everything in sight with gestures of enquiry. Dog? Ox? Cow? Horse? Câine, bou, vaca, cal! It was marvellous: homo, femina, nasus, manus, folium, canis, bos, vacca, and caballus thronged through my brain in a delirious troop. Câmp was a field and fag a beech-tree (… ›quatit ungula campum!‹ … ›sub tegmine fagi …!‹). How odd to find this Latin speech marooned so far from its kindred!«

Klar, das ist schon alles ein bisschen anders als bei Dimbleby, aber man muss bedenken, dass Letzterer eine BBC-Fernseh­doku­mentation macht und damit einem medialen Zwang unterliegt. Und trotzdem ziehe ich Parallelen, natürlich weil ich es gerade gelesen habe und es auch in (im weitesten Sinne) Osteuropa spielt.

Doch daneben sind es diese kleinen historischen Bögen, die beide aufschlagen, wenn Dimbleby über die Herkunft der Tataren philosophiert oder Leigh Fermor über die der Magyaren, und kurioserweise gibt es ja zwischen beiden durchaus Verbindungen.

Und es ist auch die Art, sich mit all diesen verschiedenen Menschen verschiedener Klassen und Völkern unbedingt einzulassen, ohne Bewertung, ohne Schmäh, mittendrin und doch mit der nötigen Distanz.

Fermor hat seine Bücher viele Jahrzehnte nach seiner Reise geschrieben, basierend auf seinen Aufzeichnungen. Bei Reiseantritt war er gerade 18 Jahre alt. Er hatte danach also genügend Zeit, die historischen und kulturellen Kontexte zu verfeinern. Fermor ist mittlerweile 93 Jahre alt und arbeitet angeblich noch immer am dritten und letzten Band über seine Reise.

Eine Reaktion zu “Patrick Leigh Fermor”

  1. Brigitte

    Von wegen, er arbeitet ANGEBLICH…

    http://www.telegraph.co.uk/culture/books/3559958/Patrick-Leigh-Fermor-The-man-who-walked.html

    Den link habe ich vom Autor des Artikels, Will Dalrymple, der mir noch mal versichert hat, dass auf jeden Fall mit dem 3. Band zu rechnen ist. PLF war vor 2 Wochen 95.

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