Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 24:
Quarterlife (1. Staffel, Web/NBC)
Barcelona, 1. August 2008, 06:25 | von Paco
(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)
Diese Serie über das digitale Prekariat wurde zuerst online veröffentlicht, in 36 Kurzfolgen, bevor diese für die Ausstrahlung auf NBC zu 6 Langfolgen kombiniert wurden. Nach dem Quotendesaster, das die Pilotfolge verursachte, wurde sie aber wieder abgesetzt. Im Ganzen gesehen handelt es sich denn doch um abgefahrene Zielgruppenästhetik, schlecht ist die Serie aber keineswegs.
Der einzige Nervfaktor sind die gedehnten Selbstfilmereien, die von der Hauptfigur Dylan vor ihrem Kameratagebuch abgeleistet werden, bei dem wir durch die MacBook-Linse direkt in ihr birnenförmig verzogenes Gesicht sehen. Sie videobloggt fröhlich über ihre Mitbewohner (»I have to be honest, it’s like a fetish or something.«) – im Zeitalter der Maxim-Biller-Buchverbote ein gewagter Approach, hehe.
Insgesamt bedient ihre schreckliche Tagebuchlamentiererei alle Vorbehalte, die seit Jahren gegen Blogs geäußert werden. Zwei Beispiele aus Folge 3: »It’s just weird that you can never know what someone else is thinking. (…) Are we supposed to laugh at that or cry?« – »I’m waiting for a life. Why does everything has to be so damn complicated?« – Glücklicherweise gibt es im Netz unzählige Parodien zu diesem Emo-Schrott.
Außerdem gibt es viele UNIDs (»UnNatürliche Informativ-Dialoge«, Helmut Krausser), wenn über die Phänotypen des Web 2.0 gesprochen wird, also Blogs, Community-Sites usw. Trotzdem gelingt der Versuch, die neuen Kulturtechniken der erwachsen gewordenen Online-Generation ordentlich zu bebildern. Danny und Jed versuchen sich an selbstproduzierten Werbevideos im MTV-Style. Die kellnernde Schauspielanwärterin Lisa dreht ein Präsentationsvideo fürs Web, nachdem es beim Real-Life-Schauspielunterricht nicht geklappt hat (»Your beauty is boring!«). Sie heuert dann lieber bei einer MySpace-kompatiblen Band als Sängerin an. Und so läuft es ja im Web angeblich heutzutage: Nachdem 1000 Leute irgendwo online für sie abgestimmt haben, darf die Band zu einem Konzert nach Las Vegas.
Fehlt noch die wunderschöne Debra, Dylans beste Freundin und Mitbewohnerin, die aber nicht allzu viel an Story abbekommt. Zuerst ist sie mit Danny zusammen, der sie dann aber hintergeht und bei ihr für zusätzliche Depressionen sorgt, bis sie eine Art Selbstmordversuch unternimmt.
Ansonsten werden nebenbei einige dezidiert junge Themen verhandelt, zum Beispiel Global Warming. Das Thema kommt mit dem WG-Besucher Eric ins Spiel, der als Umweltaktivist die üblichen Klischees über Hybridmotoren und erneuerbare Energien verzapfen darf. Not that there’s anything wrong with it, aber es kommt einfach zu altbacken lieb rüber.
Über dieses Thema redet Eric dann viel mit Dylan, die dann für ihr Magazin auch ihren ersten Artikel über genau dieses Thema schreiben darf. Zur Ausfechtung des Generationenkonflikts wird übrigens Dylans Mutter ins Skript geschrieben, und Eric darf dann sie und ihre Generation ein wenig beschimpfen.
Ansonsten ist »Quarterlife« doch ziemlich gut um die 5 Hauptpersonen herum gestrickt. Der Cast ist recht ausgewogen, es gibt interessante Konstellationen und Spannungen, und die Verliebtheitsplots fallen sogar mal überdurchschnittlich ambivalent aus.
Ob es fürs Web eine zweite Staffel geben wird, steht noch nicht fest.