Das Mädchen, das die Seiten umblättert

Konstanz, 29. Juni 2007, 00:50 | von Marcuccio

Soeben die Literaturbeilage zur diesjährigen Leipziger Buchmesse ausgelesen, che palle! Aber in diesem Zusammenhang unbedingt noch erwähnenswert: Unsere formidable Johanna Adorján, ihres Zeichens Angehörige der ersten »Girlie«-Staffel im Spiegel (47/1994), an die sich längst keine der damals drei Beteiligten mehr erinnern mag. Naja, gleiches behaupten die Heerscharen der heutigen »Alpha-Mädels« in zehn Jahren wahrscheinlich auch. Aber egal.

Dem Umblätterer ist das Ex-Spiegel-Girlie, das es zum Alpha-Mädel der FAS gebracht hat, schon allein deshalb sympathisch, weil es das Umblättern besser beherrscht als jede andere ihrer Zunft. Wie Johanna Adorján in der besagten und eben bewältigten FAZ-Literaturbeilage vom 21. März ihren Uli Wickert durchblättert, überblättert und wegblättert, das hat trotz – oder gerade wegen – der völligen Irrelevanz des rezensierten Objekts bleibenden Witz und Charme:

»Das Buch heißt ›Gauner muss man Gauner nennen‹, und es handelt, so zumindest der Untertitel, ›von der Sehnsucht nach verlässlichen Werten‹. Ja, schon auf Seite 4 sehne ich mich nach verlässlichen Werten! Nach Werten wie Klarheit und Logik.«

Ab Seite 16 »schwirrt der Kopf«.

»Auf Seite 140 merkt man, dass Wickert bereits zwei Bücher zum Thema Werte geschrieben hat, denn langsam gehen ihm die Anekdötchen aus.«

Und so weiter und so fort – mit zunehmender Langeweile an Weinonkel Wickerts Weisheiten legt Adorjáns »Live-Rezension« einen Zahn zu. Am Ende gibt sie gar nichts anderes mehr vor, als so ein Buch überhaupt nur hastig blätternd rezipieren und rezensieren zu können. Ein Best-Practice-Beispiel für die bereits eingeleitete freundliche Übernahme der FAZ durch die FAS. Und irgendwie auch ein heimlicher Favorit für die Jahresendwahl, denn brächte weiteres Durch- und Wegblättern nicht allemal mehr Abwechslung in die Rezensionswüsten dieser Feuilletons?

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