Notiz über Henning Ritter

Konstanz, 22. November 2010, 15:41 | von Marcuccio

Die »Notiz über Kitsch« war einer unserer Lieblinge im Feuilletonjahr 2007. Unter anderem gefiel uns, wie anlassfrei es dieser Text in die FAS geschafft hatte. Passend zum Thema und zu den neulich im Berlin Verlag erschienenen »Notizheften« steuerte Eckhard Fuhr nun eine »Welt«-Notiz über Henning Ritter bei:

»Ritter und ich fingen etwa zur selben Zeit bei der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹ an, er im Feuilleton, wo er die Seite ›Geistes­wissenschaften‹ erfand, ich in der politischen Nachrichtenredaktion, wo ich das journalistische Handwerk lernte. Wir trafen uns fast jeden Tag in geselliger Runde dort am großen Kühlschrank, um nach getaner Arbeit ein Fläschchen Binding Römerpils zu trinken.«

Man beachte auch den hübschen Nachsatz:

»Ritter war einer der wenigen Feuilletonisten, die regelmäßig aus ihren Redakteursstübchen in den Nachrichten-Maschinenraum der Zeitung hinabstiegen.«

Die Raummetaphorik ist jedenfalls mal wieder evident, semiotisch mindestens so gefällig wie wenn Matussek seine »Spiegel«-Sekretärin »runter in die Dokumentation« schickt (vgl. das legendäre rebell.tv-Video). Innerredaktionelle Ressorthierarchien im Spiegel ihrer vertikalen Gebäudebelegung. Wäre mal eine schöne Seminararbeit für alle Organisationspsychologen.

Ritter und das Römerpils

Laut Fuhr konnte Ritter das Römerpils, »welches zwar Nieren- und Blasentätigkeit ungemein stimuliert, nicht unbedingt aber die intellektuelle Spannkraft«, auch deswegen so gut ab, weil er seine Notizen hatte. Weil Ritter sich praktisch überall und pausenlos Notizen machte, hatte er seine Notizenscheune immer gut gefüllt. Frei nach Montesquieu, auf den sich Ritter am Ende seiner »Notizhefte« beruft, sind Notizen

»Einfälle, die ich nicht weiter vertieft habe und die ich aufbewahre, um bei Gelegenheit über sie nachzudenken.«

Mehr Mut zu Montesquieu, sagt nun Fuhr:

»Wenn man es so betrachtet, macht man als Journalist sein Leben lang nichts anderes als Notizen. Nur bewahren wir unsere Einfälle nicht auf, um später in Ruhe über sie nachzudenken, sondern wir werfen sie sofort dem Publikum zum Fraß vor.«

 

Eine Reaktion zu “Notiz über Henning Ritter”

  1. /sms ;-)

    es gab später noch eine zweite begegnung mit ihm… http://blog.rebell.tv/p5059.html (schaut es euch noch an. ab dem 31.12.2010 ist es nicht mehr online!)

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